Ausharren vor Lampedusa - Situation auf "Sea-Watch 3" angespannt

Rettungsschiff mit 40 Flüchtlingen hofft auf die EU
Lampedusa ist zum Greifen nah - doch für die Flüchtlinge auf dem deutschen Rettungsschiff weiter unerreichbar. Die Bundesregierung zeigt sich zur Aufnahme der Menschen bereit, wenn andere EU-Länder mitziehen.

Frankfurt a.M., Rom (epd). Nach über zwei Wochen auf See verschlimmert sich der Zustand der 40 Flüchtlinge auf dem deutschen Rettungsschiff "Sea-Watch 3" vor Lampedusa weiter. "Die Situation ist sehr gespannt, es wird schlechter und schlechter", sagte die Kapitänin Carola Rackete am Freitag in einer Web-Pressekonferenz. Die Frustration unter den geretteten Menschen wachse, manche litten unter posttraumatischen Belastungsstörungen, drohten mit Hungerstreik oder damit, in Sichtweite von Lampedusa von Bord zu springen. Zugleich gebe es Hoffnung, dass es sehr bald eine politische Lösung geben könnte.

Laut Rackete ist die hygienische Situation sehr problematisch, Männer müssten an Deck auf Leintüchern schlafen. Italien verweigert Rettungsschiffen die Einfahrt in Häfen und wirft den Betreibern die Förderung illegaler Migration vor. Innenminister Matteo Salvini appellierte an Deutschland und die Niederlande, die Aufnahme der Flüchtlinge zuzusagen, dann dürften sie auch an Land gehen. Das Schiff fährt unter niederländischer Flagge.

Noch drei Minderjährige an Bord

Die "Sea-Watch 3" war am Mittwoch ohne Genehmigung in italienische Gewässer vor Lampedusa gefahren. Die Kapitänin riskiert die Beschlagnahme des Schiffs und ein Strafverfahren. Der Satiriker Jan Böhmermann und andere Bürger kündigten bereits an, Geld für die Crew im Fall eines Prozesses zu sammeln. Der Hafen blieb aber auch am Freitag weiter verwehrt. Zoll und Küstenwache waren bereits an Bord.

Insgesamt 53 Flüchtlinge waren am 12. Juni vor Libyen gerettet worden, von denen einige als Notfälle inzwischen an Land durften. Eine Rückkehr nach Libyen schloss die Organisation Sea-Watch wegen des Bürgerkriegs und der Menschenrechtsverletzungen dort aus. Zurzeit befinden sich laut Sea-Watch unter den Flüchtlingen noch drei Minderjährige an Bord. In der Nacht war ein junger Mann als medizinischer Notfall zusammen mit seinem Bruder an Land gebracht worden.

Auswärtiges Amt zuversichtlich

In Berlin bekräftigten Sprecher des Innenministeriums und des Auswärtigen Amts, Deutschland sei grundsätzlich bereit, Menschen von dem Schiff aufzunehmen, wenn auch andere EU-Staaten sich beteiligten. Der Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, man befinde sich in intensiven Gesprächen mit den Partnern in der EU. Man sei zuversichtlich, dass zeitnah eine Lösung für diesen konkreten Fall gefunden werde.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte die Europäische Union dafür, dass sie es nicht schaffe, einen sicheren Hafen für die Flüchtlinge zu finden, obwohl einige Städte zugesagt hatten, sie aufzunehmen. "Es kann doch nicht wahr sein, dass die Europäische Kommission es nicht schafft, die Voraussetzungen dafür zu schaffen", schrieb der bayerische Landesbischof bei Facebook.

Auf dem evangelischen Kirchentag in Dortmund wurde eine Resolution verabschiedet, die von der EKD fordert, ein eigenes Seenotrettungsschiff ins Mittelmeer zu schicken. Dafür soll bis Herbst ein Konzept erarbeitet werden. Ziel ist ein Bündnis, dem sich Kirchen, Organisationen, Kommunen und Einzelpersonen anschließen können.

"Aus humanitären Gründen muss gehandelt werden"

Mit einer Spende von 1.000 Euro unterstützt der hannoversche Landesbischof Ralf Meister das Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 3". Dass die Kapitänin mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen an Bord ohne Genehmigung in italienische Gewässer gefahren ist, nannte der evangelische Bischof eine "mutige Lösung" eines humanitären Problems. "Das darf nicht noch bestraft werden", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) bekräftigte die Bereitschaft der westfälischen Stadt, Flüchtlinge von der "Sea-Watch 3" aufzunehmen. Angesichts der großen Not der Menschen auf dem Schiff "kann man nicht länger hinwegsehen", sagte Lewe im WDR. "Aus humanitären Gründen muss gehandelt werden." Mehr als 60 europäische Städte haben sich dem Bündnis "Sicherer Hafen" für Mittelmeerflüchtlinge angeschlossen.

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