Frankfurt a.M., Rom (epd). Das Schicksal der 42 Flüchtlinge auf dem deutschen Rettungsschiff "Sea-Watch 3" im Mittelmeer ist weiter ungewiss. "Es zeichnet sich keine Lösung ab", sagte Ruben Neugebauer, Sprecher der Seenotrettungsorganisation Sea-Watch, am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Schiff liege in italienischen Gewässern, zwei bis drei Seemeilen vor Lampedusa, Küstenwache und Zoll seien schon dagewesen. Die Flüchtlinge harrten seit zwei Wochen auf See aus. "Wir werden das nicht mehr lange durchhalten können", warnte Neugebauer. Die italienische Regierung verbietet Rettungsschiffen die Einfahrt in italienische Häfen.
An die Bundesregierung appellierte Neugebauer, Vorbild zu sein und die Aufnahme der 42 Flüchtlinge zuzusagen. Am 12. Juni waren 53 Menschen in libyschen Gewässern aus Seenot gerettet worden, von denen einige als medizinische Notfälle inzwischen an Land gebracht werden konnten. "Die Sicherheit und das Wohlergehen der Menschen an Bord hat für uns oberste Priorität", sagte Neugebauer.
Ohne Genehmigung in italienische Gewässer gefahren
Unterdessen appelliert EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos an alle EU-Länder, Solidarität bei der Aufnahme der Geretteten zu zeigen. Voraussetzung sei aber, dass Italien die Menschen an Land lasse, sagte er in Brüssel.
Das Schiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch war am Mittwoch ohne Genehmigung in italienische Gewässer vor Lampedusa gefahren. Kapitänin Carola Rackete hatte erklärt, sie sehe sich wegen der verzweifelten Lage der Flüchtlinge an Bord dazu gezwungen. Mit der unerlaubten Einfahrt riskiert sie die Beschlagnahme des Schiffs und bis zu 50.000 Euro Strafe.
Salvini warf Sea-Watch kriminelle Machenschaften vor
Der italienische Innenminister Matteo Salvini warf Sea-Watch Piraterie und kriminelle Machenschaften vor. In den zwei Wochen seit der Rettung hätte das Schiff zwei Mal die Niederlande erreichen können. Die Kapitänin beschuldigte er, sich schuldig zu fühlen, weil sie "weiß, reich und deutsch geboren" sei, twitterte er. "Sie haben nahe gelegene sichere Häfen abgelehnt", betonte er unter Anspielung auf Malta, Griechenland und Tunesien. Der Vize-Regierungschef rief zugleich Deutschland und die Niederlande auf, die geretteten Flüchtlinge aufzunehmen. Das Schiff fährt unter niederländischer Flagge.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sprach sich für den Ausbau der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer aus. Europa habe derzeit keine funktionierende Mechanismen, um Menschen im Mittelmeer zu retten, sagte der bayerische Landesbischof im RBB-Inforadio. Deshalb seien die zivilgesellschaftlichen Seenotretter so wichtig. In den vergangenen 18 Monaten seien allein 3.000 Menschen auf den Weg nach Europa im Mittelmeer ertrunken.
Bedford-Strohm: "Wir können nicht länger wegschauen"
"Wir können nicht länger wegschauen, wir müssen handeln", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Er befürworte ausdrücklich den Vorschlag, ein weiteres Seenotrettungsschiff unter Beteiligung der EKD ins Mittelmeer zu schicken. Das Schiff sollte von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis getragen werden unter Beteiligung der Kirchen "als gewichtiger Player", sagte Bedford-Strohm.
Bernd Riexinger, Bundesvorsitzender der Linkspartei, sprach mit Blick auf die "Sea-Watch 3" von einem Trauerspiel. Formal könne es rechtlich korrekt sein, dass die italienische Regierung das Anlanden der "Sea-Watch 3" verweigere, erklärte er. "Menschlich ist es eine Bankrotterklärung", fügte er hinzu: "Wir fordern die EU und die Bundesregierung auf, den politischen Druck zu erhöhen, um das humanitäre und politische Elend in Italien zu beenden."
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