Genf (epd). Saudi-Arabien ist nach Ansicht einer UN-Ermittlerin für den Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi verantwortlich. Dies gelte unabhängig davon, wer genau den Auftrag dazu gegeben habe, heißt es in dem Bericht der UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard, der am Mittwoch in Genf veröffentlicht wurde. Bei dem Mord handele es sich um ein völkerrechtliches Verbrechen. Callamard sprach außerdem von ausreichenden Beweisen, die eine Untersuchung gegen den saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und andere hochrangige Vertreter des Staates rechtfertigten.
Die Juristin Callamard war im Juni 2017 vom UN-Menschenrechtsrat zur Sonderberichterstatterin für außergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen bestimmt worden. In dieser Funktion hatte sie den Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi untersucht. Khashoggi, der im Exil in den USA lebte, war am 2. Oktober 2018 in das Istanbuler Konsulat seines Heimatlandes gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Saudi-Arabien räumte später auf internationalen Druck hin ein, dass Khashoggi dort getötet wurde. Es bestreitet insbesondere aber eine Verwicklung des Kronprinzen.
Tatort vermutlich forensisch gesäubert
In dem Bericht heißt es, entscheidend bei der Untersuchung gegen Salman und andere mögliche Verantwortliche sei nicht, ob ein unwiderlegbarer Beweis für die Tat selbst gefunden werde. Es müsse aufgeklärt werden, wer seine Macht missbraucht oder die damit verbundenen Pflichten verletzt habe. Saudi-Arabien habe als Staat zudem einen Kerngrundsatz der Vereinten Nationen verletzt und womöglich gegen die Anti-Folter-Konvention verstoßen ebenso wie gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen.
Die bisherigen Untersuchungen des Mordes durch Saudi-Arabien und die Türkei entsprechen Callamards Bericht zufolge nicht internationalen Standards. Das gleiche gelte für das in Saudi-Arabien laufende Verfahren gegen elf angeblich Tatverdächtige. Nach ihren Erkenntnissen sei der Tatort vermutlich durch Ermittler aus Saudi-Arabien forensisch gesäubert worden, um Beweise zu vernichten, sagte Callamard.
Saudische Oppositionelle auch im Ausland gefährdet
Dafür, dass Saudi-Arabien oder die Türkei wussten, dass Kashogghi sich in Lebensgefahr befand, gebe es hingegen keine ausreichenden Beweise. Deutlich werde aber, wie sehr saudische Oppositionelle auch im Ausland gefährdet seien. Unter Völkerrecht müssten diese deshalb besonders geschützt werden.
Der Tod des Journalisten hatte international für Entsetzen gesorgt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach Bekanntwerden der Tat angekündigt, dass Deutschland zunächst keine Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien geben werde.
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