Rettungsschiff mit 43 Flüchtlingen darf nicht nach Lampedusa

epd-bild/Heiko Kantar
Helme der "Sea-Watch 3"-Crew (Archivbild)
Amnesty spricht von menschenverachtendem Geschachere
Seenotretter schlagen Alarm, weil wieder Flüchtlinge auf einem Schiff im Mittelmeer ausharren müssen. Europäische Städte wären zur Aufnahme bereit. Aber Italien fordert ihre Rückkehr nach Libyen, wo sie der Willkür von Milizen ausgeliefert wären.

Berlin/Tunis (epd). Seenotretter und Hilfswerke fordern die Aufnahme von 43 Flüchtlingen, die seit einer Woche im Mittelmeer auf einem Schiff vor der italienischen Insel Lampedusa ausharren. "Viele Städte in Europa bieten sich an, im Mittelmeer gerettete Menschen aufzunehmen, werden daran aber von den europäischen Regierungen gehindert", sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie am Mittwoch. "Konkrete Maßnahmen sind dringend notwendig, um dem Leiden im Mittelmeer ein Ende zu setzen."

Auch die Organisation Sea-Watch appellierte an die EU und die Bundesregierung, die Aufnahme der Flüchtlinge durch europäischen Städte zu ermöglichen. Mehr als 60 Kommunen hätten sich dazu bereiterklärt. Viele der 43 Flüchtlinge auf dem Schiff "Sea-Watch 3" seien seekrank und müssten behandelt werden. Von den insgesamt 53 Geretteten hätten am 15. Juni nur zehn Flüchtlinge, vor allem Babys und Kranke, mit Hilfe der italienischen Küstenwache an Land gehen dürfen.

"Tripolis ist kein sicherer Hafen"

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte am Mittwoch in Berlin, die Bundesregierung verschließe sich einer Aufnahme von Geretteten nicht, setze sich aber für eine Lösung in gemeinsamer europäischer Verantwortung ein. Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), wieder einmal zeige sich, "dass Migrationspolitik auf dem Rücken von Menschen in Not verhandelt wird".

Der italienische Innenminister Matteo Salvini habe das Schiff aufgefordert, der libyschen Küstenwache Folge zu leisten, die die Hauptstadt Tripolis als "sicheren Hafen" benannt habe. Neugebauer nannte es einen Riesenskandal, dass Flüchtlinge den libyschen Milizen ausgeliefert werden sollten. In dem Bürgerkriegsland drohten ihnen Gefangenschaft, Misshandlungen und Versklavung. "Tripolis ist kein sicherer Hafen", sagte er.

Bundesregierung müsse Druck auf die EU ausüben

Amnesty International sprach von einem "menschenverachtenden wochenlange Geschachere". Die Bundesregierung müsse Druck auf die EU ausüben und einen Notfall-Mechanismus zur Verteilung von Schutzsuchenden einleiten, sagte die Amnesty-Asylexpertin Franziska Vilmar. Ohne mehr legale und sichere Wege nach Europa bleibe Flüchtlingen aus Libyen nur der Weg übers Mittelmeer in seeuntüchtigen Booten, fügte sie hinzu. "Dass die EU keine Menschen mehr aus Seenot rettet und darüber hinaus die Arbeit der Seenotrettungsorganisationen sogar noch blockiert, ist ein inakzeptabler Skandal."

In Tunesien konnten unterdessen am Dienstagabend 75 gerettete Schiffbrüchige nach rund drei Wochen auf See an Land gehen. Die Flüchtlinge und Migranten mussten seit Ende Mai auf dem Frachtschiff Maridive 601 vor der Hafenstadt Zarzis ausharren, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) mitteilte. Sie wurden in der Nacht zum Mittwoch in die Hauptstadt Tunis gebracht, wo sie medizinisch und psychologisch betreut werden sollen. Die 75 Männer und Kinder kommen in der Mehrzahl aus Bangladesch. Die IOM sicherte Rückkehrwilligen Unterstützung zu. Tunesien hat kein Asylgesetz, was die Situation von Migranten und Flüchtlingen dort erheblich erschwert.

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