Brasilianischer Justizminister wegen Lula-Urteil unter Druck

Sergio Moro soll als Bundesrichter die Verurteilung von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva mit unlauteren Mitteln betrieben haben.

Berlin, São Paulo (epd). Der brasilianische Justizminister Sergio Moro gerät wegen angeblicher Absprachen mit der Staatsanwaltschaft in seinem damaligen Amt als Bundesrichter bei der Verurteilung von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva unter erheblichen Druck. Die Investigativplattform "The Intercept" zitierte am Sonntag (Ortszeit) aus ihr zugespielten Chats, E-Mails, Videos und Fotos. Demnach soll Lula vor einem Jahr gezielt inhaftiert worden sein, um ihn an der Kandidatur für die Präsidentschaft zu hindern. Der Linkspolitiker führte damals die Umfragen mit weitem Vorsprung an.

Rücktritt Moros gefordert

Lulas Arbeiterpartei sprach von einem der größten Justizskandale in Brasilien. Mehrere Abgeordnete forderten den sofortigen Rücktritt Moros.

Die Dokumente aus den Jahren 2015 bis 2017 belegen laut "The Intercept", dass Moro als Bundesrichter die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Bundespolizei erheblich beeinflusst habe. So habe Moro Ermittlungsergebnisse vorweggenommen, strategische Entscheidungen getroffen und sei über Operationen informiert worden. Moro wies die Anschuldigungen zurück und sprach von einem "kriminellen Eindringen in das Handy eines Ermittlers". Den Bericht von "The Intercept" nannte er tendenziös.

Der heutige Justizminister Moro hatte Lula 2017 nach einem jahrelangen Korruptionsprozess zu einer Haftstrafe von mehr als neun Jahren verurteilt. Moro sah es als erwiesen an, dass Lula dem Baukonzern OAS Aufträge beim halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verschafft hatte. Als Gegenleistung soll er eine Luxuswohnung im Küstenort Guarujá bekommen haben. Tatsächlich gründete sich der Prozess nur auf Indizien. Moro konnte Lula den Besitz der Immobilie nicht nachweisen. Nach dem Bericht von "The Intercept" äußerte der Chefermittler Deltan Dallagnol wenige Tage vor Anklageerhebung wachsende Zweifel daran, dass die Wohnung tatsächlich Lula gehörte.

Glenn Greenwald gründete "The Intercept"

Wegen seiner Inhaftierung konnte Lula nicht an der Präsidentschaftswahl 2018 teilnehmen, bei der der rechtsextreme Politiker Jair Bolsonaro gewann. Dieser hatte noch im Wahlkampf erklärt, Lula werde "im Gefängnis verrotten". Bolsonaro holte Moro in sein Kabinett.

"The Intercept" wurde von dem US-Journalisten Glenn Greenwald gegründet, der 2013 zusammen mit anderen Journalisten die Enthüllungen des Ex-Agenten Edward Snowden über den US-Geheimdienst NSA veröffentlichte. "Moro spottete über die Idee, dass er sich jemals mit Staatsanwälten verschworen hat", schreibt Greenwald auf Twitter. "Mit den von uns veröffentlichten Chats zeigen wir, dass er genau das immer wieder getan hat - bei Lula und anderen." Greenwald lebt inzwischen in Brasilien.

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