UN-Generalsekretär Guterres: Der unermüdliche Mahner

epd-bild / Peter Williams

António Guterres (Archivbild)

UN-Generalsekretär António Guterres erhält den Karlspreis
UN-Generalsekretär Guterres setzt sich engagiert für eine enge internationale Kooperation ein. Die Amtszeit des Portugiesen fällt in ein Zeitalter von Nationalismus und Populismus.

Genf (epd). Mit sorgenvoller Miene mustert der Generalsekretär der Vereinten Nationen die Botschafter. Dann spricht António Guterres eine Warnung aus: "Nationen müssen abrüsten oder sie gehen unter." Im historischen Sitzungssaal der Abrüstungskonferenz wird es still. Die Gesandten Dutzender Länder, die am 25. Februar im Genfer Palais des Nations der UN zusammenkamen, haben Guterres verstanden: Es geht um Sein oder Nichtsein.

Der frühere portugiesische Ministerpräsident präsentierte sich an diesem Tag einmal mehr in seiner Lieblingsrolle als Mahner, der eine Zusammenarbeit der Länder zum Wohle der Menschheit verlangt: Bei der Abrüstung und auf jedem anderen internationalen Feld. Als Antreiber, der unentwegt und wechselnd in Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch die Vorteile des Miteinander beschwört. Kurz: als Multilateralist.

"Mann von Visionen, Herz und Taten"

Am Donnerstag wird der praktizierende Katholik António Manuel de Oliveira Guterres für sein Engagement ausgezeichnet: Er erhält den Internationalen Karlspreis in Aachen. Damit, so heißt es aus der Jury, werde sein Einsatz für eine "multilaterale Zusammenarbeit auf der Grundlage der Werte und Ziele der Europäischen Union und der Vereinten Nationen" gewürdigt. Die Glückwünsche dürften aus aller Welt eintreffen, vor allem aus Europa, wo Guterres viele Freunde hat, etwa die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Sie preist Guterres als "Mann von Visionen, Herz und Taten".

Für Feiern dürfte dem ehemaligen Präsidenten der Sozialistischen Internationale kaum Zeit bleiben. Zu ernst sind die Bedrohungen für die Menschheit: Autoritäre Populisten wie US-Präsident Donald Trump sind auf dem Vormarsch. Konflikte wie in Afghanistan, Syrien, Libyen, dem Jemen, dem Kongo und der Ukraine zwingen Millionen Menschen in die Flucht. Terrorbanden treiben ihr blutiges Unwesen. Atomwaffenstaaten liefern sich ein neues Wettrennen um die wirksamsten Tötungsinstrumente. Millionen Menschen verhungern jedes Jahr. Und über allem breitet sich der Klimawandel aus, der apokalyptische Folgen für die Menschheit haben könnte. Die Erderwärmung "ist schneller als wir sind", warnt Guterres.

Rivalitäten der Großmächte

Trotz der Gefahren stehen die Vereinten Nationen nicht entschlossen zusammen. Vielmehr lähmen Rivalitäten der Großmächte die Suche nach Lösungen, besonders wenn es um Krieg und Frieden geht. So prangert Guterres, der als Generalsekretär selbst über keine wirkliche Macht verfügt, einen Stillstand im Weltsicherheitsrat an. Die Beziehungen zwischen den drei Großmächten in dem Gremium - USA, Russland und China - seien "niemals so schlecht gewesen wie heute", analysiert Guterres.

Schlimmer noch: Trumps USA haben sich vom Multilateralismus verabschiedet. Das wichtigste UN-Mitgliedsland setzt offen auf das Recht des Stärkeren und streicht Mittel für die Weltorganisation zusammen. Das große Pech in der Laufbahn des António Guterres: Genau im selben Monat, im Januar 2017, in dem er in New York Generalsekretär der Vereinten Nationen wurde, zog Trump als Präsident der USA ins Weiße Haus in Washington ein.

Pragmatischer Idealist

Der Amtsantritt bei den UN war der politische Höhepunkt in Guterres' Leben, das am 30. April 1949 in Lissabon begann. Im Jahr der Nelken-Revolution 1974 trat der Elektroingenieur der Sozialistischen Partei bei und half den Ärmsten in den Slums der portugiesischen Hauptstadt. Der pragmatische Idealist krönte seine nationale Karriere 1995, als er Ministerpräsident wurde. Bis 2002 blieb er Regierungschef. Persönlich musste Guterres 1998 einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen: Seine erste Frau starb mit 51 Jahren an Krebs. Später heiratete er erneut.

Von 2005 bis 2015 diente der Mann aus Südeuropa bei den UN als Hochkommissar für Flüchtlinge. Schon früh verlangte er damals einen engeren internationalen Schulterschluss zur Bewältigung der aufziehenden Flüchtlingskrise. Es war ein Appell, der nicht gehört wurde.

 

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