Die Jugenddelegierte der Afrikanischen Union, Aya Chebbi
Berlin (epd). Junge Afrikanerinnen sind nach Worten der Jugenddelegierten der Afrikanischen Union, Aya Chebbi, im vergangenen Jahrzehnt furchtloser geworden. "Wir haben den Aufstieg junger, sozialer Bewegungen gesehen, die auch von Frauen angeführt wurden", sagte die Tunesierin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. In mehreren afrikanischen Ländern habe der Aufstand gegen den tunesischen Machthaber Zine El Abidine Ben Ali und sein Sturz 2011 zu Protesten geführt. So hätten sich im Senegal die Bewegung "Y'en a marre" (Wir haben es satt) gebildet, die "Balai Citoyen" (Besen der Bürger) in Burkina Faso, "FeesMustFall" (Gebühren müssen weg) in Südafrika und in Gambia "Gambia has decided" (Gambia hat entschieden).
Derzeit gebe es eine zweite Welle der Bewegungen mit friedliche Protesten im Sudan und Algerien, die einem Wechsel und positive soziale Veränderungen wollten, sagte Chebbi. Die Proteste würden initiiert von einer mutigen, furchtlosen Generation - "eine knallharte Generation".
Neugierig auf die Kämpfe anderer
Am wichtigsten seien dabei die Graswurzelbewegungen, vor allem Frauen, die jeden Tag die Organisationsarbeit vor Ort machten. Zugleich seien die Aktivisten durch das Internet sehr gut vernetzt, was Revolutionen beschleunige. Sie seien tolerant und neugierig auf die Kämpfe anderer. Sie strebten nach einer freien Welt, nach der Freiheit, zu sein wer sie sind. So versuchen laut Chebbi derzeit Frauen im Sudan, ihre eigene Erzählung für die Welt zu dokumentieren.
Die Aktivistin wies dabei auf ihre eigene Erfahrung vor fast zehn Jahren hin: "Ich mag es nicht, wenn man 'Arabischer Frühling' sagt, denn das ist die westliche Sichtweise." In Tunesien hätten sie es "Revolution der Würde" genannt. Die Tunesierin kritisierte zugleich, dass in westlichen Medien ein Afrikabild von Armut, Arbeitslosigkeit und Extremismus dominiere. Dieses Bild werde auf die jüngste Bevölkerung der Welt projiziert. Der Gewalt verschreibe sich aber nur eine Minderheit der Afrikaner. Die meisten Jugendlichen seien innovativ und setzten sich für positive Veränderungen ein - doch sie würden kaum beachtet und schafften es nicht in die Nachrichten.
Anlässlich eines Treffens der für Geschlechtergerechtigkeit zuständigen Minister der sieben führenden Industrienationen der Welt (G7) will Chebbi am Donnerstag in Paris einen offenen Brief übergeben, den nach Angaben der Entwicklungsorganisation One mehr als 125.000 Menschen unterzeichnet haben. Die Unterzeichner fordern finanzielle Mittel und politische Reformen, die die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen deutlich stärken. "Wir brauchen echte Fortschritte, keine leeren Versprechen", heißt es.
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