Nahost-Experte: Zivile Initiativen in Libyen sind Anlass zur Hoffnung

Der Kampf um die libysche Hauptstadt Tripolis werde nicht so schnell beendet sein, sagt Daniel Gerlach.

Frankfurt a.M. (epd). Der Nahost-Experte Daniel Gerlach befürchtet, dass das nordafrikanische Bürgerkriegsland Libyen von einem Wiederaufbau mit internationaler Hilfe noch eine Weile entfernt ist. Der Kampf um die libysche Hauptstadt Tripolis werde nicht so schnell beendet sein, sagte Gerlach dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seit Wochen rücken Rebellen, die von General Chalifa Haftar angeführt werden, in Richtung Tripolis vor. Immer mehr Zivilisten werden Opfer der Kämpfe zwischen den Milizen im Dienst der Regierung und den Truppen von Haftar. Nach UN-Angaben gibt es mittlerweile Hunderte Tote und Verletzte, Tausende sind auf der Flucht.

"Zeichen der Hoffnung"

Selbst wenn es Haftar gelänge, Tripolis schnell zu erobern, werde es ihm schwerfallen, in Libyen eine stabile Machtbasis herzustellen, sagte Gerlach. Allerdings gebe es in der libyschen Zivilgesellschaft auf lokaler Ebene viele Initiativen, die sich auf eine Zukunft nach dem Krieg vorbereiteten. Gerlach sprach von "Zeichen der Hoffnung". Es gebe in Libyen viele Menschen, die nicht mehr darauf warteten, dass der Staat alles richte. So seien Sportvereine, Lesezirkel und Initiativen zum Umweltschutz entstanden.

Unter Libyern im In- und Ausland gebe es eine kritische Masse exzellent ausgebildeter junger Menschen, die verstünden, wie Demokratie funktioniere. "Diese Menschen sind zwar während der Herrschaft von Muammar al-Gaddafi geboren und aufgewachsen, aber sie sind stark international vernetzt. Sie können nicht viel mit der Idee vom einem neuen starken Mann an der Spitze, einem neuen Alleinherrscher, anfangen", sagte Gerlach.

Westliche Nationen sollten aufhören, arabische Gesellschaften in Demokratien nach deutschem Vorbild umzuformen. "Westliche Nationen sollten ihre Hilfe und Zusammenarbeit viel eher daran knüpfen, wie Staaten mit ihrer Bevölkerung umgehen, aber nicht automatisch an die Vorstellung, dass sie einmal so werden müssen wie wir", sagte Gerlach.

Gerlach ist Gründer der Candid Foundation, die in Libyen Projekte auf lokaler Ebene unterstützt, um die Zivilgesellschaft zu stärken und eine zivile Konfliktbearbeitung zu ermöglichen. Vor kurzem hat er das Buch "Der Nahe Osten geht nicht unter" veröffentlicht. Der 41-Jährige ist außerdem Herausgeber des Fachmagazins "zenith".

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