Sudan: Militärjunta wird Ex-Herrscher Al-Baschir nicht ausliefern

Die Militärjunta versucht die Befürchtungen im In- und Ausland zu beschwichtigen. Am Tag nach dem Putsch im Sudan schlagen UN, EU und Menschenrechtler Alarm. Eine Demokratisierung nach Al-Baschir zeichnet sich nicht ab.

Frankfurt a.M., Khartum (epd). Im Sudan herrscht ein Tag nach dem Militärputsch weiter Unsicherheit. Die Organisatoren der bisherigen Proteste riefen zu weiteren Demonstrationen auf. Ein Sprecher der Militärjunta erklärte derweil am Freitag, der militärische Übergangsrat werde so lange an der Macht bleiben, bis sich eine Regierung gebildet habe. Die UN und Menschenrechtler riefen die sudanesische Armee auf, auf Gewalt zu verzichten und die Macht an eine zivile Übergangsregierung zu übertragen.

Tiefe Verunsicherung

General Omar Zain al-Abidin vom militärischen Übergangsrat sagte in der Hauptstadt Khartum, die angekündigte zweijährige Übergangsphase unter der Führung des Militärs sei nur als maximale Dauer angesetzt. Das Militär habe keine Bestrebungen, länger an der Macht zu bleiben. Es handle im Interesse der Bevölkerung und werde alle Forderungen der Menschen unterstützen, sagte Al-Abidin.

Zudem stellte er klar, dass der abgesetzte Langzeitherrscher Omar al-Baschir nicht an internationale Gerichte ausgeliefert werde. "Al-Baschir wird im Sudan vor Gericht gestellt. Gegen Al-Baschir liegen Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, rief die sudanesischen Machthaber dazu auf, keine Gewalt gegen friedliche Demonstranten einzusetzen und festgenommene freizulassen. Das afrikanische Land befinde sich in einem kritischen Moment, in dem tiefe Verunsicherung und Unbehagen herrschten, sagte sie in Genf. Die Krise im Sudan sei durch Menschenrechtsprobleme ausgelöst worden. Entsprechend müssten jetzt die Menschenrechte die Basis für eine Lösung sein.

 

Am Donnerstag hatte die sudanesische Armee Al-Baschir abgesetzt und eine Militärjunta gebildet, die zwei Jahre lang regieren soll. Der bisherige Vizepräsident und Verteidigungsminister Awad Ibn Ouf wurde als Präsident des militärischen Übergangsrates vereidigt. Die Junta verhängte einen dreimonatigen Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre von 22 bis 4 Uhr.

Bündnisse der Zivilgesellschaft, die seit fast vier Monaten mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt Al-Baschirs das Land lahmgelegt haben, befürchten die Fortsetzung von dessen Politik und haben zu weiteren Protesten aufgerufen. Das Netzwerk "Professionals Association" erklärte via Twitter in der Nacht zum Freitag, alle Revolutionäre sollten vor dem Hauptquartier der Armee in Khartum einen weiteren Sitzstreik veranstalten. Die christlichen Kopten schlossen sich dort dem Freitagsgebet der Muslime an, wie die oppositionelle Sudanesische Kongresspartei twitterte. Am Donnerstag hatten sich die Demonstranten der Ausgangssperre widersetzt und während der Nacht vor dem Armeehauptquartier ausgeharrt.

Auch das oppositionelle Bündnis "Sudan Call" rief nach Berichten der Zeitung "Sudan Tribune" zu weiteren Protesten auf. Der Putsch habe die politischen und wirtschaftlichen Strukturen des alten Systems aufrecht erhalten, erklärte der Sprecher des Bündnisses, Yasir Arman, der Zeitung zufolge.

Zivile Übergangsregierung gefordert

Die EU, die Afrikanische Union und mehrere afrikanische Regierungen forderten eine Demokratisierung des Landes. Ein militärischer Rat sei nicht die geeignete Antwort und verletze die Charta der Afrikanischen Union, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel. "Nur ein glaubwürdiger und inklusiver politischer Prozess kann die Erwartungen der sudanesischen Bevölkerung erfüllen und zu den Reformen in Politik und Wirtschaft führen, die das Land braucht." Dies könne nur durch eine schnelle Übergabe der Macht an eine zivile Übergangsregierung erfolgen, betonte Mogherini.

Der neue Junta-Chef Ibn Ouf war ein enger Vertrauter Al-Baschirs und leitete berüchtigten Militärgeheimdienst und war Generalstabschef der Armee. Im Darfur-Krieg soll er Angriffe der Dschandschawid-Milizen angeordnet, Luftangriffe auf Zivilisten befohlen und Massenvergewaltigungen verantwortet haben. Die USA hatten ihn deshalb 2007 mit Sanktionen belegt.

Die sudanesische Zivilgesellschaft protestiert seit Dezember gegen die Regierung. Auslöser war ein Anstieg der Brotpreise. Doch bald forderten die Demonstranten auch einen Rücktritt Al-Baschirs. Die Sicherheitskräfte reagierten mit brutaler Gewalt. Laut Menschenrechtlern wurden mehr als 60 Menschen getötet. Allein nach einer Eskalation der Proteste am vergangenen Wochenende starben mindestens 21 Demonstranten.

 

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