Illegale Lieferungen: Heckler & Koch muss 3,7 Millionen Euro zahlen

epd-bild/Sebastian Backhaus
Deutsches Sturmgewehr G36 (Symbolbild)
Der Export von Sturmgewehren nach Mexiko kommt der schwäbischen Rüstungsfirma Heckler & Koch teuer zu stehen. Erklärungen an die Behörden waren gefälscht.

Stuttgart (epd). Im Prozess um illegale Waffenlieferungen durch ehemalige Angestellte der Rüstungsfirma Heckler & Koch nach Mexiko ist das Unternehmen zu einer Zahlung von rund 3,7 Millionen Euro verurteilt worden. Zwei Angeklagte wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt, sie müssen zudem eine Geldstrafe zahlen beziehungsweise gemeinnützige Arbeit leisten, wie das Stuttgarter Landgericht am Donnerstag entschied. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen. (AZ: 13 KLs 143 Js 38100/10)

Die Mitarbeiter waren von 2006 bis 2009 an dem Verkauf von insgesamt etwa 4.700 Sturmgewehren und Zubehörteilen in mexikanische Unruheprovinzen beteiligt. Dorthin waren Waffenexporte nicht erlaubt. Auf den sogenannten Endverbleibserklärungen waren stattdessen mexikanische Bundesstaaten angegeben, in die die Lieferung von Waffen als unproblematisch galt. Die Waffen sollen auch 2014 im Fall der Verschleppung von 43 Studenten im Bundesstaat Guerrero zum Einsatz gekommen sein.

22 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung

Der ehemalige Vertriebsleiter Ingo S. wurde zu 22 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt sowie zur Zahlung eines Geldbetrages von 80.000 Euro an gemeinnützige Vereinigungen. Die ehemalige Sachbearbeiterin Marianne B. erhielt eine Bewährungsstrafe von 17 Monaten und 250 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Grund sei die Beihilfe zum bandenmäßigen Ausfuhr von Gütern aufgrund erschlichener Genehmigungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz, sagte der Vorsitzende Richter Frank Maurer in seiner Urteilsbegründung.

Die Staatsanwaltschaft hatte wesentlich höhere Strafen für die ehemaligen Mitarbeiter gefordert: zwei Haftstrafen von bis zu 33 Monaten, eine Bewährungsstrafe sowie zwei Freisprüche. Die Verteidiger plädierten auf Freispruch.

Die schwäbische Rüstungsfirma muss rund 3,7 Millionen Euro abgeben, auf die die Waffen beziffert wurden. Der Rechtsanwalt der Firma war der Ansicht, dass nur der Gewinn von etwa 200.000 Euro eingezogen werden dürfe.

Behörden treffe keine Schuld

Drei ehemalige Mitarbeiter wurden freigesprochen, darunter auch der ehemalige Landgerichtspräsident und Ex-Behördenbeauftragter bei Heckler & Koch, Peter B.. Diesem konnte dem Gericht zufolge nicht nachgewiesen werden, dass er Kenntnis über die gefälschten Papiere hatte. Einer der Hauptangeklagten, der in Mexiko lebt, erschien aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Gericht. Gegen ihn ist ein internationaler Haftbefehl beantragt. Ein weiterer mutmaßlicher Beteiligter ist mittlerweile gestorben.

Das Gericht erklärte, die Behörden treffe keine Schuld, da das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt nichts von den willkürlichen Endverbleibserklärungen geahnt hätten. Sie hätten sich auf die vermeintlich richtigen Angaben der Firma verlassen, mit denen die Verurteilten eine Genehmigung erschlichen hätten.

Richter: Prozess "kein Tribunal über deutsche Rüstungspolitik"

Richter Maurer sagte, er wisse, dass der illegale Export von Sturmgewehren besondere Emotionen hervorrufe. Aber der Prozess sei "kein Tribunal über deutsche Rüstungspolitik", das die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Waffen kläre. Gegenstand des Strafverfahrens sei nur der illegale Waffenexport, nicht der Einsatz dieser Waffen in Mexiko.

Der Freiburger Rüstungsgegner Jürgen Grässlin, der mit seiner Strafanzeige vor neun Jahren den Prozess ins Rollen gebracht hatte, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Prozess sei einmalig, da durch dieses Urteil ein illegaler Waffenhandel zum ersten Mal juristisch belegt sei. Zwar habe Heckler & Koch seit 2010 den Waffenexport ins gesamte Mexiko verboten. Aber die damaligen Mitarbeiter der Firma hätten durch ihr Verhalten dazu beigetragen, dass es zu zahlreichen Morden in Mexiko gekommen sei. Von der Politik forderte er ein Rüstungsexportkontrollgesetz, um den Endverbleib der Waffen stärker zu kontrollieren.

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