Berlin, Caracas (epd). Im Streit über die Einfuhr von Hilfsgütern hat die venezolanische Regierung am Mittwoch laut Medienberichten die Luft- und Seegrenze zu der niederländischen Antilleninsel Curaçao geschlossen. Die Entscheidung folge auf eine Ankündigung der niederländischen Regierung, auf Curaçao humanitäre Hilfsgüter für Venezuela zu lagern, erklärte Vizeadmiral Vladimir Quintero der Tageszeitung "El Universal" zufolge.
Die Opposition unter dem selbst ernannten Interimsstaatschef Juan Guaidó hatte der Regierung von Präsident Nicolás Maduro eine Frist bis zum 23. Februar gesetzt, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. Laut Opposition sind bis zu 300.000 hungernde Menschen vom Tode bedroht. Maduro verweigert die Einfuhr der Hilfsgüter und spricht von einer "Show" und einem Vorwand für eine US-Militärintervention.
Hunderte Tonnen Hilfsgüter
Weitere Hilfsgüter sollen nach Forderungen der Opposition über die kolumbianische und brasilianische Grenze nach Venezuela transportiert werden. In der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta lagern mehrere Hundert Tonnen an Hilfe. Zudem soll eine Sammelstelle für Lebensmittel und Medikamente im brasilianischen Bundesstaat Roraima an der Grenze zu Venezuela eingerichtet werden. Laut Opposition sind bis zu 300.000 hungernde Menschen in Venezuela vom Tode bedroht.
Diplomatische Repräsentanten aus Spanien, Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien sagten Guaidó am Dienstag (Ortszeit) in Caracas humanitäre Hilfe von insgesamt 18 Millionen Dollar zu. Deutschland trägt mit 5,6 Millionen Dollar den höchsten Betrag bei.
Amnesty International warf den venezolanischen Sicherheitskräften exzessive Gewalt gegen die Zivilbevölkerung vor. Die Behörden versuchten, mit aller Härte soziale Kontrolle über jene zu erlangen, die einen Regierungswechsel fordern, erklärte Erika Guevara-Rosas, Amnesty-Direktorin für Amerika. Die Gewalt sei bei den Protesten Ende Januar eskaliert. Dabei sei es auch zu außergerichtlichen Tötungen gekommen.
Amnesty: Mehr als 40 Tote
Vom 21. bis 25. Januar habe es zahlreiche Demonstrationen vor allem in armen Vierteln gegeben, schreibt Amnesty in einer Untersuchung. In diesem Zeitraum seien mindestens 41 Menschen durch Schüsse getötet worden. Mehr als 900 seien vorübergehend festgenommen worden.
Unterdessen gab ein weiterer hochrangiger Militär seine Unterstützung für die Opposition bekannt. Pedro José Chrinos, Militärattaché bei den Vereinten Nationen, erklärte laut der oppositionsnahen Tageszeitung "El Nacional" in einem Video, er erkenne Guaidó als rechtmäßigen Präsidenten von Venezuela an.
Der Abgeordnete der Nationalversammlung, Julio Borges, erklärte auf Twitter, beim Militär gebe es "interne Prozesse", wie der Abgang von Maduro umgesetzt werden kann. 99 Prozent des Militärs seien in "offener Rebellion" gegen Maduro. Die Unterstützung habe er nur noch von einer reduzierten Militärführung von etwa zehn Generälen, sagte Borges. Das Militär bildet bislang Maduros Machtbasis.
Guaidó hatte sich im politischen Machtkampf mit Maduro am 23. Januar zum Übergangsstaatschef ausgerufen. Inzwischen haben ihn mehr als 40 Länder als legitimen Interimspräsidenten anerkannt.
Deutlich mehr Flüchtlinge aus Venezuela in Deutschland
Die sich zuspitzende Krise in Venezuela führt auch in Deutschland zu steigenden Flüchtlingszuzügen aus dem südamerikanischen Land. In Sachsen, das für die Bearbeitung venezolanischer Asylfälle zuständig ist, kamen im vergangenen Jahr 393 Flüchtlinge aus dem Land an, wie das Landesinnenministerium in Dresden dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mitteilte. 2017 waren es demnach noch 184 Flüchtlinge gewesen, im Jahr davor 77.
Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg auf epd-Anfrage mitteilte, hat sich die Zahl der von Venezolanern in Deutschland gestellten Asylanträge innerhalb eines Jahres auf 407 im Jahr 2018 fast verdoppelt. Vor zwei Jahren waren demnach noch 206 Anträge gestellt worden. 2016 seien es 88 gewesen.
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