Kenianische Künstlerinnen und Künstler setzen sich für die Akzeptanz Homosexueller ein
Nairobi (epd). "Offen Liebe zu zeigen, ist uns verwehrt", sagt Kawira Mwirichia. Wie weitere Künstlerinnen und Künstler in Kenia hat sie es sich zum Ziel gesetzt, die Liebe von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen sichtbarer zu machen. "So kam ich auf die Idee, dass wir dies durch Kangas tun können." Die traditionellen Stoffe, die sich ostafrikanische Frauen seit Jahrhunderten gegenseitig schenken, transportieren oft Botschaften, die tabu sind.
Für ihr Projekt "Für eine revolutionäre Liebe" erforscht Mwirichia den Kampf für Anerkennung von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen (LGBT) in allen Ländern der Welt und bildet ihn auf den Stoffen ab. 196 Kangas sollen es werden. "Damit feiern wir unsere Geschichte." 36 Entwürfe sind bereits fertig und können online erstanden werden. So wie der Kanga, den die 32-jährige Künstlerin Südafrika gewidmet hat. Auf dem in Gelb und Blau gehaltenen Rechteck ist ein Schriftzug auf Kisuaheli zu lesen: "Schwarz und Weiß sind nicht die Farben der Liebe. Sie waren es nie."
Homosexualität in vielen Ländern Afrikas illegal
Homosexualität ist in mehr als 30 Ländern Afrikas illegal, in weiteren Staaten gesellschaftlich nicht akzeptiert. In Mauretanien, dem Sudan, im Norden Nigerias und im südlichen Somalia steht darauf sogar die Todesstrafe. Dabei war Afrika ein Kontinent sexueller Vielfalt, bevor Kolonialmächte Afrikanern ihre Anti-Homosexuellen-Gesetze aufzwangen, befeuert vom wachsenden Einfluss christlicher Missionare sowie einer zunehmend rigiden Auslegung des Islam. Viele dieser Gesetze gelten bis heute. Politiker lenken damit vom eigenen Versagen ab und sichern sich Wählerstimmen: Ihr Argument, Homosexualität sei nicht mit Werten, Religion und Kultur Afrikas vereinbar, fällt bei vielen Menschen auf fruchtbaren Boden.
Doch der Kontinent bewegt sich: Im Januar hat das angolanische Parlament Homosexualität nicht nur entkriminalisiert, sondern auch jegliche Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung verboten. 2017 verbot ein kenianisches Gericht Analtests bei Männern, die eine Homosexualität beweisen sollten - eine Entscheidung, die von Aktivisten als Meilenstein auf dem Weg zur Legalisierung gleichgeschlechtlicher Liebe gefeiert wurde.
14 Jahre Gefängnis
Am Freitag nun wird Kenias Justiz über eine Petition urteilen, die für "Geschlechtsverkehr wider die Natur", für den bislang bis zu 14 Jahre Gefängnis drohen, Straffreiheit fordert. Unabhängig vom Urteil "werden wir uns weiterhin weigern, unsichtbar zu sein", sagt die Anwältin Gaitho Waruguru von der kenianischen Menschenrechtskommission für Schwule und Lesben, die an der Petition beteiligt ist.
Seit 2011 das Out Film Festival für Homosexuelle erstmals im Goethe-Institut in der kenianischen Hauptstadt Nairobi stattfand, rücken dortige Künstler sexuelle Identitäten stärker in die Öffentlichkeit. Der Film "Stories of our lives" von 2014 dokumentiert Lebensgeschichten der kenianischen LGBT-Gemeinschaft. Während er bei der Berlinale 2015 einen Teddy gewann, ist er in Kenia immer noch verboten. Der Film "Rafiki", der Ende Januar in deutschen Kinos anlief, erzählt die Geschichte einer lesbischen Liebe und durfte in Kenia bisher nur eine Woche lang gezeigt werden - doch das ist ein Fortschritt.
Schonungslos offen und verletzlich
Seit 2016 betreibt Designerin Rose Njenge Nairobis erstes Label für androgyne Mode, The SUITable Designs. Sie begann, nachdem sie keinen Schneider fand, der einen Anzug für ihre Uni-Abschlussfeier nähen konnte. Inzwischen hilft sie anderen Designern beim Maßnehmen. "Klar, ich hätte einfach die Kunden übernehmen können", sagt die 30-Jährige. "Aber ich will, dass alle diese Mode kreieren können."
Auch der Autor und Aktivist Kevin Mwachiro hat viel zur Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen in Kenia beigetraten. Er hat die Geschichten homosexueller Menschen in Stadt und Land gesammelt und 2014 in einem Sammelband veröffentlicht. Schonungslos offen und verletzlich zeigen sich junge Erwachsene auf der Suche nach Akzeptanz und einem Weg heraus aus dem Schatten der Gesellschaft.
Für Mwachiro hat sich die Situation für Homosexuelle in Kenia und weltweit in den vergangenen Jahren radikal geändert. "Wir erleben eine Entkriminalisierung in der ganzen Welt", sagt er. "Auch in Kenia ist der Raum größer geworden." Hilfsnetze gebe es nicht mehr nur in der Hauptstadt, sondern im ganzen Land. "Dass wir unsere Petition für Straffreiheit überhaupt vor Gericht bringen konnten, ist ein riesiger Erfolg", betont der Autor. "Kunst gibt der Gemeinschaft ein Gesicht, eine Stimme, ein Bild. Die Leute sehen sich repräsentiert."
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