Korruptionsskandal erschüttert Mosambik

epd-bild/Stefan Ehlert
Aussicht von der Maputo-Katembe-Brücke auf Mosambiks Hauptstadt Maputo (Archibild).
Geheime Kredite verursachten Schuldenberg
Die Drahtzieher verständigten sich mit einfachen Codes, als sie Schmiergeld forderten: "Schicken Sie 50 Millionen Hühner." Die US-Justiz ist dabei, nach und nach einen riesigen Bestechungsskandal in einem der ärmsten Länder der Welt aufzudecken.

Maputo (epd). Kurz geschoren und abgemagert, aber fester Blick: Zeitungsfotos zeigen den ehemaligen mosambikanischen Finanzminister Manuel Chang in Südafrika vor Gericht. Seit seiner Festnahme am 29. Dezember in Johannesburg kämpft Chang gegen seine Auslieferung an die USA. Dort war der internationale Haftbefehl gegen den 63-jährigen Parlamentarier erwirkt worden. Und in den USA soll Chang mit weiteren mutmaßlichen Urhebern eines der größten Kreditbetrugs- und Schmiergeldfälle Afrikas vor Gericht gestellt werden.

Eine Entscheidung des südafrikanischen Gerichts über die Auslieferung des mosambikanischen Politikers der Regierungspartei Frelimo könnte am kommenden Dienstag fallen. Chang gibt einer Affäre ein Gesicht, die trotz ihrer Dimension fast vergessen war. Bis sich kürzlich die US-Justiz einschaltete. Auf mehr als zwei Milliarden US-Dollar werden die Dívidas Ocultas geschätzt, die 2016 bekanntgewordenen "geheimen Schulden" Mosambiks.

Dubiose Megadeals

Chang war offenbar nur ein Rädchen bei der dubiosen Kreditbeschaffung, aber ein wichtiges: Er soll die nötigen Unterschriften unter die drei Staatsgarantien gesetzt haben, mit denen sich Mosambik zur Rückzahlung verpflichtete. Dafür soll Chang laut Anklageschrift rund zwölf Millionen Dollar bekommen haben. Diese Dollar-Transfers wurden offenbar in New York überwacht. Deswegen fühlt sich die dortige Staatsanwaltschaft zuständig.

Ohne Changs Unterschriften und die damit verbundene Staatshaftung hätten Banken und Anleger kaum mitgezogen bei der Finanzierung von drei staatlichen Firmen in Mosambik, die in Küstenschutz, Fischerei und Werften Millionengewinne einfahren sollten, doch wohl nur als Kulisse dienten, um die dubiosen Megadeals in Gang zu setzen.

"Die Leute laufen uns weg"

Die Kredite der Credit Suisse und der russischen VTB Capital von 2013 und 2014 wurden dem Parlament verheimlicht und gelten deshalb zum größten Teil als illegal. Ob Mosambik sie bedienen wird oder nicht, ist umstritten. Feststeht, dass Mosambik sie derzeit nicht bedienen kann. Das Land mit seinen 30 Millionen Einwohnern zählt zu den ärmsten Ländern der Welt - und nun auch zu den am höchsten verschuldeten.

Die Staatsverschuldung beträgt mehr als 120 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Der Sohn des Staatsgründers, Samora Machel Jr., warnt in einem offenen Brief an Staatschef Filipe Nyusi vor den Folgen für die Regierungspartei Frelimo: "Die Leute laufen uns weg, die Regierung entfremdet sich zunehmend von der Basis und der Bevölkerung."

Verdacht des Kreditbetrugs und der Korruption

Symbolisch für das Debakel sind 27 Fischtrawler, die im Hafen von Maputo vor sich hin dümpeln, ohne einen müden Dollar einzufahren. Sie wurden ohne die nötige Ausschreibung und nach Ansicht von Wirtschaftsprüfern viel zu teuer beschafft. Aus privaten Mails und geheimen Geldflüssen, die das südafrikanische Recherchenetzwerk amaBhungane unter Berufung auf die New Yorker Staatsanwaltschaft dokumentiert, geht hervor, dass die Kredite von vornherein dazu dienten, einigen der beteiligten Bankern, Mittelsmännern und Politikern Millionen auf die Konten zu spülen.

Deshalb ist Chang festgesetzt worden, unter dem Verdacht des Kreditbetrugs und der Korruption. Außer ihm traf es drei ehemalige Mitarbeiter der Credit Suisse sowie einen libanesischen Mittelsmann im Vertrieb des Schiffbauers Privinvest in Abu Dhabi. Die Banken selbst und auch Mitarbeiter der VTB Capital blieben bislang von Anklagen verschont.

47-seitige Anklageschrift

Die US-Ankläger gehen von Bestechungssummen und illegalen Provisionen in Höhe von mindestens 200 Millionen Dollar aus. "Chicken" (Hühner) hießen die Gelder im Mailverkehr der Verdächtigen. "Ich habe nachgefragt und bitte liefern Sie 50 Millionen Hühner", heißt es in einer Mail eines unbekannten mosambikanischen Offiziellen oder dessen Vertrauten von Dezember 2011. Zudem müssten auch andere "Player" bedacht werden wie "Verteidigungsministerium, Innenministerium, Air Force etc.", steht in der 47-seitigen Anklageschrift, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

Verteidigungsminister war damals Filipe Nyusi, der heute Präsident ist. Auch deshalb dürfte die Festnahme Changs Schockwellen im Regierungsapparat ausgelöst haben, denn keiner weiß, wen er belasten wird. "Dies ist jetzt ein kräftiger Klaps auf die Finger", sagt ein hochrangiger UN-Vertreter dem epd in Maputo. Er hoffe, der Fall Chang werde potenziellen Nachahmern eine Warnung sein. Nun hat auch Mosambik die Auslieferung Changs beantragt. Sollte er in Maputo vor Gericht gestellt werden, ist mit weiteren Enthüllungen kaum zu rechnen.

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