Oxfam kritisiert Ungleichheit und steigende Vermögen der Milliardäre

Die Zahl der Milliardäre wächst - und der Weg aus der Armut wird immer schwerer. Oxfam kritisiert eine wachsende soziale Ungleichheit weltweit. Deutschland steht unter den Industrienationen besonders schlecht da.

Berlin (epd). Milliardäre haben ihren Reichtum laut einem Bericht der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam weltweit deutlich steigern können - auf Kosten der Armen. Wie aus einer am Montag veröffentlichten Studie hervorgeht, sind die Vermögen der Milliardäre im vergangenen Jahr um zwölf Prozent gestiegen. Durchschnittlich seien das 2,2 Milliarden Euro pro Tag. Zu den Gründen gehörten umfangreiche Steuergeschenke für Konzerne und Vermögende. Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung hingegen habe Einbußen von elf Prozent hinnehmen müssen.

Oxfam stellte den Bericht anlässlich des am Dienstag beginnenden Jahrestreffens des Weltwirtschaftsforums in Davos vor. Die Organisation hob hervor, dass öffentliche Angebote in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung wesentlich dazu beitragen könnten, Armut und Ungleichheit zu verringern. Doch diese Angebote seien weltweit dramatisch unterfinanziert.

Oxfam: Soziale Ungleichheit spaltet Gesellschaft

Der Leiter Entwicklungspolitik und Kampagnen von Oxfam Deutschland, Jörn Kalinski, bezeichnete die soziale Ungleichheit als "eine der größten Herausforderungen unserer Zeit". Denn sie spalte die Gesellschaft. Nach Analyse der Organisation beteiligt sich, wer arm ist, weniger politisch und werde daher mit den eigenen Anliegen weniger gehört. Arme bekämen zugleich das Gefühl vermittelt, sie hätten individuell versagt. Daher sähen sie sich gesellschaftlich nicht repräsentiert und wendeten sich gänzlich ab oder populistischen Parteien zu.

In Deutschland konnten die Milliardäre den Angaben nach ihr Vermögen im vergangenen Jahr um 20 Prozent steigern. Das reichste Prozent der Deutschen verfüge über ebenso viel Vermögen wie die ärmeren 87 Prozent der Bevölkerung. Deutschland zähle damit zu den Industrienationen mit der größten Vermögensungleichheit. So seien 2017 etwa 15,8 Prozent der Bevölkerung von Einkommensarmut betroffen gewesen - jedes fünfte Kind habe als arm gegolten. In der Europäischen Union stünden nur Estland und Tschechien hinsichtlich der sozialen Ungleichheit schlechter da.

Weltweit habe sich in den zehn Jahren seit der Finanzkrise die Zahl der Milliardäre indes nahezu verdoppelt, hieß es weiter. Zugleich könnten sich immer weniger Menschen aus extremer Armut befreien. In Teilen Afrikas steige die extreme Armut derzeit sogar wieder an. Als extrem arm gelten Menschen, die pro Person und Tag weniger als umgerechnet etwa 1,70 Euro zur Verfügung haben. Deren Zahl habe sich von 1990 bis 2010 zwar halbiert. Im Jahr 2015 lebten weltweit aber immer noch 736 Millionen Menschen in extremer Armut. Frauen und Mädchen seien von Armut besonders betroffen. Im weltweiten Durchschnitt besitzen den Angaben nach Männer 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. Die Auswirkungen von bewaffneten Konflikten und Kriegen auf die soziale Ungleichheit wurde im Bericht nicht gesondert untersucht.

Oxfam forderte die Bundesregierung auf, Konzerne und Vermögende "angemessen" zu besteuern und Investitionen in öffentliche Bildung, Gesundheit und soziale Sicherungssysteme zu erhöhen. Der Plan einer Finanztransaktionssteuer sei sträflich vernachlässigt worden, kritisierte die Organisation. Eine Finanztransaktionssteuer galt als politische Antwort auf die Weltfinanzkrise 2008. Mit ihr sollten die Lasten der Krise gerechter verteilt, aber auch hochspekulative Finanzgeschäfte unattraktiver werden.

Der Ökonom Andreas Peichl kritisierte den Oxfam-Bericht. Er könne die Zahlen zur Verarmung nicht nachvollziehen, sagte der Leiter des Münchner Ifo-Zentrums für Makroökonomik der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). Vielmehr wachse die Weltwirtschaft und die Armut sinke insgesamt auf der Welt deutlich.

 

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