Berlin (epd). Die 49 Geretteten, die seit Tagen und Wochen auf Schiffen im Mittelmeer ausharren, müssen weiter auf eine konkrete Aufnahmezusage aus Europa warten. Während am Dienstag in Brüssel weiter über das Schicksal der Menschen verhandelt wurde, drängten die Seenotretter auf eine rasche Lösung. Der Gesundheitszustand der Geretteten verschlechtere sich, teilten Vertreter der Hilfsorganisationen "Sea-Watch" und "Sea-Eye" in Berlin mit. An Bord müsse inzwischen das Trinkwasser rationiert werden und die Lebensmittelvorräte gingen zur Neige. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte in Berlin, dass er auf eine rasche Lösung hofft und erneuerte seine Aufnahmebereitschaft - unter Bedingungen.
Damit die Schiffe anlanden können, muss geklärt sein, wer die Asylsuchenden aufnimmt. Nach Angaben eines EU-Diplomaten hatten bei einem Botschaftertreffen am Montag neun Länder Angebote gemacht, darunter Deutschland, sowie Italien und Malta. In den Verhandlungen geht es aber um mehr als die 49 auf dem Mittelmeer ausharrenden Flüchtlinge. Malta will auch Flüchtlinge auf andere EU-Staaten verteilen, die bereits in Malta angekommen sind. Insgesamt geht es um weit mehr als 200 Menschen.
"Mitgliedstaaten müssen jetzt konkrete Solidarität zeigen"
Seehofer sagte, Deutschland sei bereit, 50 Menschen aufzunehmen. Voraussetzung dafür sei, dass eine "beachtliche Zahl" von EU-Ländern auch mitmache. Dies müssten nicht alle 27 Mitgliedstaaten sein, aber eine "vorzeigbare Größe", sagte der Innenminister. Er drängte die EU-Kommission, schnell eine Lösung zu finden. Er habe die Verantwortlichen in der EU-Kommission in Brüssel darum gebeten, dies mit mehr Tempo voranzutreiben, sagte Seehofer. Auf die Frage, ob eine Lösung sehr rasch oder zumindest in den nächsten Tagen erwartet wird, sagte er: "Ich hoffe es."
Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Dienstag: "Die Mitgliedstaaten müssen jetzt konkrete Solidarität zeigen. Die Menschen an Bord müssen sicher und ohne weitere Verzögerung angelandet werden."
Das Schiff "Professor Albrecht Penck" von "Sea-Eye" fährt nach Angaben der Organisation seit dem 29. Dezember mit 17 Geretteten an Bord unter deutscher Flagge. Deutschland müsse sich deshalb umgehend für eine Rettung engagieren, sagte Gorden Isler, Sprecher der Regensburger Hilfsorganisation. Die "Sea Watch 3" treibt seit dem 22. Dezember mit 32 Flüchtlingen an Bord ziellos durchs Mittelmeer. Die 18 Tage seien ein neuer historischer und "schändlicher Rekord", kritisierte "Sea-Watch"-Sprecherin Alina Krobok.
Dehydrierung und Unterkühlung
Die Flüchtlinge auf den Rettungsschiffen hätten in den vergangenen Tagen sehr unter dem stürmischen Wetter gelitten, sagte die "Sea-Watch"-Ärztin Verbena Bothe. Sie hätten sich oft übergeben und keine Nahrung bei sich behalten können. Die Dehydrierung und Unterkühlung mehrerer Flüchtlinge sei gefährlich, betonte sie. Durch die räumliche Enge steige zudem eine Ansteckungsgefahr. "Ich will nicht, dass es Tote gibt", sagte Bothe eindringlich.
Die private Seenotrettung im Mittelmeer werde seit Monaten durch EU-Staaten blockiert, sagte Erik Marquardt von "Sea-Eye". Deshalb seien kaum noch private Rettungsschiffe im Einsatz. Ebenso gebe es immer weniger Informationen über Flüchtlinge, die das zentrale Mittelmeer als Fluchtroute wählen. "Wir wissen nicht, wie viele Menschen dort aktuell ertrinken."
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind im vergangenen Jahr 2.297 Menschen beim Versuch der Mittelmeerüberquerung gestorben. Weltweit seien mindestens 4.592 Menschen auf Migrations- und Flüchtlingsrouten ums Leben gekommen oder gälten als vermisst.
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