Berlin, Caracas (epd). Die Vereidigung für eine zweite Amtszeit von Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro wird ein wenig glorreicher Akt. International ist der autokratisch regierende Linksnationalist schon lange isoliert. Nach den USA erkennen auch die wichtigsten Länder Lateinamerikas seine Präsidentschaft nicht an. Auch das von der Opposition kontrollierte Parlament verweigert ihm die Anerkennung. Maduro wird am Donnerstag also nicht wie üblich in der Nationalversammlung vereidigt, sondern im Verfassungsgericht. Der 56-Jährige ist ein Präsident ohne Rückhalt. Seine Amtszeit geht bis 2025.
Für Venezuela ist damit ein Ausweg aus der tiefen politischen Krise weiter entfernt denn je. Maduro wirft dem "nutzlosen" Parlament vor, "die Absetzung eines rechtmäßig gewählten Präsidenten zu inszenieren". Doch auch nach Meinung der EU, der USA und der meisten lateinamerikanischen Länder ist der Sozialist alles andere als rechtmäßig gewählt worden. Viele Oppositionelle waren von der Abstimmung am 20. Mai 2018 ausgeschlossen, andere wiederum tauchten nicht in den Wählerlisten auf. Die Beteiligung war historisch niedrig, nach offiziellen Angaben lag sie bei 67 Prozent, laut Opposition bei 21 Prozent.
Nationalversammlung systematisch entmachtet
Die Nationalversammlung, die von Maduro systematisch entmachtet wurde, sieht sich als legitime Vertretung des Volkes. Seit Anfang 2016 stellt die Opposition dort die Mehrheit. Man werde die Bedingungen für eine Übergangsregierung und Neuwahlen schaffen, sagte Parlamentspräsident Juan Guaidó.
Auch im Verfassungsgericht regt sich Widerstand gegen die Amtseinführung. Der Verfassungsrichter Christian Zerpas flüchtete in die USA. In einem TV-Interview erklärte er, er wolle nicht Teil der Inszenierung von Maduro sein. Das Gericht teilte indes mit, gegen Zerpas werde wegen sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen ermittelt. Doch venezolanische Medien halten diese Version für wenig glaubhaft.
Wie weit Maduros Schergen gehen, musste schon Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz erfahren, die wegen Kritik an der Regierung 2017 abgesetzt wurde. Sie war Wahlbetrugsvorwürfen nachgegangen und hatte auch die Entmachtung des Parlaments durch Maduro scharf kritisiert. Danach fürchtete sie um ihr Leben, floh nach Kolumbien und gibt bis heute noch ihren genauen Aufenthaltsort nicht preis.
Ziehvater Hugo Chávez
Maduro hat die Macht 2013 von seinem Ziehvater, dem an Krebs verstorbenen Hugo Chávez, übernommen und dessen autoritären Kurs fortgesetzt. Das Parlament stellte er 2017 mit der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung kalt. Seitdem regiert er per Dekret, eine Gewaltenteilung gibt es nicht mehr. Das Oberste Gericht gilt als willfährig und regierungstreu. Ein Referendum zu seiner Abwahl konnte Maduro mit allerlei Tricks abwenden.
Mit der verfassungsgebenden Versammlung hat er sich eine Wunderwaffe geschaffen, die Stück für Stück die Demokratie aushebelt. So erließ Maduro beispielsweise ein Gesetz gegen Hass, das ihn befugt, gegen alle Kritiker, darunter auch Journalisten, vorzugehen. So wurde die Pressefreiheit außer Kraft gesetzt. Unbequeme Medien wurden mit Lizenzentzug bestraft oder gleich an regierungstreue Eigentümer verkauft. Die letzte kritische Tageszeitung, "El Nacional", musste vor kurzem ihre Printausgabe einstellen, weil sie kein Papier mehr geliefert bekam.
Regale in den Supermärkten leer
Auch die Wirtschaftskrise verschlimmert sich in dem ölreichen Land immer weiter. Die Regale in den Supermärkten sind leer, es fehlen Medikamente, selbst Schwerkranke können nicht versorgt werden. Maduro macht wie üblich einen von den USA angeführten Wirtschaftskrieg für die Misere verantwortlich. Täglich flüchten Hunderte Venezolaner vor der Krise über die Grenze in die Nachbarländer. Inzwischen haben schon mehr als 2,4 Millionen Menschen das Land verlassen. Das entspricht rund acht Prozent der Bevölkerung.
Gleichzeitig stieg die Inflation auf einen neuen Höchststand von 1,3 Millionen Prozent innerhalb eines Jahres. Maduro hatte auch dafür eine einfache Lösung: Er ließ einfach fünf Nullen der Landeswährung Bolívar streichen.
Unklar ist, wie lange Maduro seinen Kurs beibehalten kann. Seine Macht bröckelt beständig. Als wichtigste Stütze bleibt das Militär, das er auch gegen die eigene Bevölkerung einsetzt.
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