Genf, Berlin (epd). Die UN warnen eindringlich vor den Folgen einer Militäroffensive des syrischen Assad-Regimes im Gebiet Idlib. Eine Schlacht in der Region im Nordwesten des Landes mit knapp drei Millionen Zivilisten könnte die "größte humanitäre Katastrophe mit dem größten Verlust an Leben im 21. Jahrhundert" auslösen, erklärte der Nothilfekoordinator der UN, Mark Lowcock, am Montag in Genf. Unterdessen kam der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, in Genf mit Delegationen Russlands, des Irans und der Türkei zu Gesprächen zusammen.
"Wir sind extrem alarmiert", sagte Lowcock. Die humanitären Organisationen der UN hätten detaillierte Pläne, um Hunderttausenden Menschen auf der Flucht zu helfen. Die Bundesregierung warnte vor der Gefahr von Giftgas-Angriffen des Assad-Regimes auf Rebellen in Idlib. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, es gebe große Sorge, dass sich in dem Gebiet "entsetzliche Muster" von anderen syrischen Kampfschauplätzen wiederholen könnten.
Bundesregierung berät mit Verbündeten
Seibert betonte, dass die Bundesregierung derzeit mit internationalen Verbündeten über die Lage berate. Es habe aber bislang keine Situation gegeben, in der eine Entscheidung zu fällen gewesen wäre. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung (Montag) berichtet, dass angesichts drohender neuer Chemiewaffenangriffe Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) prüfen lasse, wie die Bundeswehr sich bei möglichen Vergeltungsaktionen gegen das Assad-Regime einbringen könnte.
Nach Informationen des Blattes wird erwogen, sich an der Allianz von USA, Großbritannien und Frankreich zu beteiligen, die bereits in der Vergangenheit Luftangriffe gegen Regime-Ziele in Syrien geflogen hat. Seibert wies darauf hin, dass in Deutschland grundsätzlich das Parlament an einer solche Entscheidung beteiligt werden müsse. Die Diskussion sei zum aktuellen Zeitpunkt rein spekulativ.
Vermittlungsgespräche in Genf gehen weiter
Der UN-Sondergesandte de Mistura sprach in Genf zunächst einzeln mit den Delegationen aus Russland, aus dem Iran und aus der Türkei. Am Dienstag sollen alle Delegationen mit de Mistura an einem Tisch sitzen, offiziell drehen sich die Gespräche um eine Verfassungskommission für Syrien. De Mistura bringt laut Diplomaten jedoch auch die drohende Militäroffensive des Assad-Regimes auf das Rebellengebiet Idlib zur Sprache.
Der UN-Sondergesandte will erreichen, dass die Aufständischen, unter ihnen viele islamistische Milizionäre, sich aus den Wohngebieten Idlibs zurückziehen. Somit könnte eine humanitäre Katastrophe verhindert werden. Idlib ist das letzte große Gebiet, das von Anti-Assad-Kräften gehalten wird.
Ende dieser Woche will de Mistura mit Abgesandten aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den USA sowie aus arabischen Staaten die Lage in Syrien erörtern. Russland und der Iran unterstützen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad, die Türkei steht an der Seite von Rebellen. In dem 2011 begonnenen Konflikt wurden Hunderttausende Menschen getötet, Millionen sind auf der Flucht.
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