Verzweifelte Flüchtlinge auf der "Diciotti" im Hungerstreik

Ein Teil der Bootsflüchtlinge, die an Bord eines Schiffs der italienischen Küstenwache im Hafen von Catania festsitzen, sind in den Hungerstreik getreten. Damit protestieren sie gegen die italienischen Behörden, die ihnen verboten haben, an Land zu gehen.

Rom (epd). Nach Angaben des italienischen Rundfunks war die Lage an Bord der "Diciotti" am Freitag so angespannt, dass die Küstenwache Solidaritätsbesuche bei den 150 Migranten an Bord zeitweise aus Sicherheitsgründen untersagte. Berichten zufolge leiden viele an Krätze und mussten tagelang an Deck bei schweren Regenfällen unter Plastikplanen ausharren.

Die Flüchtlinge waren am 16. August gerettet worden. Erst nach tagelanger Irrfahrt hatte die "Diciotti" am Montag von Transportminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung die Genehmigung erhalten, den sizilianischen Hafen Catania anzusteuern. Innenminister Matteo Salvini von der rechtsnationalen Lega verbot den an Bord befindlichen Flüchtlingen jedoch, an Land zu gehen, bis andere EU-Länder sich zu deren Aufnahme bereitfänden. Lediglich 27 Kinder und Jugendliche durften das Schiff inzwischen verlassen.

Minister droht mit Abschiebung nach Afrika

Der stellvertretende Ministerpräsident Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung drohte der EU für den Fall, dass die Mitgliedsländer sich am Freitag nicht zur Aufnahme der Flüchtlinge der "Diciotti" bereiterklärten, mit einem Zahlungsstopp. Sollte es bei dem für diesen Freitag geplanten Treffen der EU-Kommission nicht zu einer Einigung über die Verteilung der im südlichen Mittelmeer geretteten Migranten kommen, sei sein Land nicht mehr bereit, jährlich 20 Milliarden Euro an die EU zu zahlen, betonte er in einem Facebook-Video. EU-Kommissionssprecher Alexander Winterstein wies das Ultimatum zurück. "In Europa bringen Drohungen nichts und führen zu nichts", betonte er in Brüssel.

Die an Bord der "Diciotti" festsitzenden Migranten waren nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vor ihrem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, bis zu zwei Jahre willkürlich in Libyen inhaftiert. Männer, Frauen und Kinder unter ihnen seien dort von ihren Aufsehern geschlagen und gefoltert worden, um Geld von ihren Familien zu erpressen, betonte der IOM-Sprecher für Italien, Flavio Di Giacomo. Das sei aus Gesprächen mit den 27 unbegleiteten Minderjährigen hervorgegangen, die die "Diciotti" verlassen durften.

Salvini hatte die Erlaubnis dazu erteilt, nachdem die sizilianische Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Freiheitsberaubung und unrechtmäßiger Inhaftierung der Flüchtlinge auf der "Diciotti" Ermittlungen aufgenommen hatte. Der Minister drohte, die Migranten nach Libyen zurückzuschicken, wenn sich keine anderen EU-Länder bereiterklärten, sie aufzunehmen.

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