Politologe Münkler: Russische Einflusszonen schon längst Realität

Berlin, Frankfurt a.M. - Nach Einschätzung des Politologen Herfried Münkler gesteht der Westen Russland trotz aller gegenteiligen Rhetorik schon längst eine eigene Einflusszone zu. „Die Rückkehr von Einflusszonen ist kein Vorgang, der erst vor einer Woche begann“, sagte der emeritierte Professor der Berliner Humboldt-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Das habe man 2008 im Krieg Russlands gegen Georgien beobachten können und zuletzt bei der Niederschlagung von Protesten in Belarus und Kasachstan, die der Westen weitgehend tatenlos hingenommen habe, sagte Münkler. Eine gemeinsame Weltordnung, in der Konflikte in Kooperation verwandelt würden, sei schon länger eine „Selbsttäuschung“ des Westens.

Kommt das System Putin ins Wanken?

Münkler hatte in den vergangenen Tagen und Wochen Beiträge in verschiedenen Medien veröffentlicht, in denen er von der Rückkehr eines Systems der Einflusszonen schrieb. Münkler argumentiert darin, eine Akzeptanz dieser Einflusszonen könne helfen, den Frieden zu sichern. Denn wenn Putin seine Herrschaft nicht mehr gefährdet sehe, dann sei er vielleicht zu Zugeständnissen bereit.

Auch in Russland erwartet Münkler langfristig eine Liberalisierung, die eine Kooperation leichter mache. Das russische System basiere derzeit darauf, das Volk durch Geld aus dem Rohstoffhandel ruhigzustellen, sagte er dem epd. Wenn aber russisches Gas und Öl kaum noch verkäuflich seien, weil die Weltwirtschaft sich von fossilen Brennstoffen abwende, dann komme das System Putin ins Wanken.

Der Westen brauche nun aber einen langen Atem, sagte Münkler. „In meiner Lebenszeit wird es wohl nicht mehr zu einer Rückkehr zu einer kooperativen Weltordnung kommen“, erwartet der 69-Jährige.

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