Den Haag - Der Internationale Strafgerichtshof schließt Ermittlungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine nicht aus. Der Chefankläger des Gerichts in Den Haag, Karim Khan, teilte am Freitag mit, Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verantwortlich seien, könnten strafrechtlich verfolgt werden. Khan erklärte während eines Besuchs in Bangladesch, er verfolge die Entwicklungen in dem Konflikt genau und mit zunehmender Sorge.
Die Ukraine ist kein Mitgliedsland des Strafgerichtshofs, hat dem Gericht aber die Erlaubnis erteilt, wegen Verbrechen auf ihrem Gebiet seit Februar 2014 aktiv zu werden. Das Gericht kann seit 2018 auch das Verbrechen der Aggression verfolgen. Weil jedoch weder Russland noch die Ukraine Mitgliedsstaaten sind, könne das mutmaßliche Beginnen eines Angriffskriegs in diesem Fall nicht strafrechtlich verfolgt werden, erklärte Khan.
Verbrechen von 2014 schwer genug für Ermittlungen
Wegen Verbrechen rund um die „Maidan“-Proteste und die Kämpfe in der Ostukraine und auf der Krim ist der Strafgerichtshof bereits aktiv. Nach Voruntersuchungen, die auf Antrag der ukrainischen Regierung im April 2014 begonnen hatten, erklärte die Anklagebehörde im Dezember 2020, die Verbrechen seien schwer genug für Ermittlungen. Einen Antrag für die Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens hat die Anklagebehörde jedoch noch nicht gestellt. Bei den bisherigen Untersuchungen ging es vor allem um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter beispielsweise die Behandlung von Gefangenen.
Der Strafgerichtshof in Den Haag kann in den 123 Mitgliedsstaaten Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgen. Weil die Ukraine sich dem Gericht nicht angeschlossen hat, war eine Beauftragung durch die Regierung notwendig, um Ermittlungen beginnen zu können. Staaten können das Gericht selbst mit Ermittlungen beauftragen, wenn die nationalen Behörden nicht in der Lage sind, einen Prozess zu führen.