BGH hebt Urteil im Kongo-Kriegsverbrecherprozess auf

epd-bild / Gerhard Bäuerle
FDLR-Milizenchef Ignace Murwanashyaka
Strafsenat sieht Fragezeichen zugunsten und zulasten Murwanashyakas
Ein gebürtiger Ruander hat von Mannheim aus eine Rebellenmiliz im Kongo geleitet. Dafür wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil nun zurückgewiesen. Unklar sei, wie er die Kriegsverbrechen konkret förderte.

Karlsruhe (epd). Der Kriegsverbrecherprozess in Deutschland gegen den Anführer einer Miliz im Kongo geht in eine neue Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Donnerstag das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen Ignace Murwanashyaka auf. (Az: 3 StR 236/17) Der in Mannheim lebende FDLR-Milizenchef war im September 2015 wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen im Kongo und Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Sowohl Murwanashyaka als auch die Generalbundesanwaltschaft waren in Revision gegangen.

Der 3. Strafsenat des BHG in Karlsruhe entschied nun, das Urteil aufgrund von "Sachrügen des Angeklagten Dr. M. und der Generalbundesanwaltschaft" aufzuheben, hieß es in der Begründung. Die vorgebrachten Verfahrensrügen des Angeklagten seien hingegen erfolglos gewesen. Auch sei ein Großteil der Feststellungen aufrechterhalten worden.

Verurteilung wegen Beihilfe beanstandet

Konkret beanstandeten die Richter die Verurteilung Murwanashyakas wegen Beihilfe zu vier Kriegsverbrechen in den Jahren 2008 und 2009. Bei der Annahme, der Angeklagte habe "die Kriegsverbrechen bei - nur - vier dieser Angriffe vorsätzlich gefördert", gebe es Rechtsfehler sowohl zugunsten als auch zulasten Murwanashyakas.

Die Richter stellten die Beurteilung des Oberlandesgerichts infrage, dass die Milizionäre sich Kriegsverbrechen, aber keiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hätten. Auf der anderen Seite monierten sie: "Wie der Angeklagte die Taten in dem Zeitraum konkret förderte, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt." Die im Ostkongo aktive FDLR ging aus Mitgliedern der früheren ruandischen Armee und in den Kongo geflohenen Hutu-Milizen hervor, die für den Völkermord in Ruanda 1994 mitverantwortlich waren. Bislang ist bekannt, dass der gebürtige Ruander Murwanashyaka von Mannheim aus Zubehör für Satellitentelefone beschaffte und für die FDLR Öffentlichkeits- und Propagandaarbeit betrieb.

Angeklagter war nicht als Befehlshaber anzusehen

Die OLG-Richter erklärten, der promovierte Volkswirt habe nicht die Rolle eines militärischen Befehlshabers innegehabt. "Er hatte nicht die Möglichkeit, den Kommandeur seines Amtes zu entheben oder das Verhalten seiner Untergebenen zu unterbinden", hieß es. Die Verurteilung wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung hält der Strafsenat hingegen für richtig.

Im Falle von Murwanashyakas Vize Straton Musoni verwarf der BGH die Revision des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Musoni war vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Rädelsführerschaft zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Durch die Untersuchungshaft von 2009 bis 2015 hatte Musoni aber bereits einen Großteil der Strafe verbüßt. Es war der erste Prozess nach dem Völkerstrafrecht in Deutschland.

Die Angeklagten hatten in der Revision unter anderem argumentiert, die FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) sei keine terroristische Organisation und ein Einfluss auf das Kriegsgeschehen in der Demokratischen Republik Kongo sei nicht belegt. Dagegen forderte die Bundesanwaltschaft eine schärfere Verurteilung, nicht nur wegen Beihilfe, sondern wegen Täterschaft. Nach dem Weltrechtsprinzip können Völkerstraftaten in Deutschland oder jedem anderen Land geahndet werden, auch wenn sie im Ausland begangen wurden.

Der Berliner Jurist Patrick Kroker wertet das Urteil als einen Ausdruck funktionierender Justiz. "Es ist gut, dass Fehler korrigiert werden", sagte der Völkerrechtsexperte von der Menschenrechtsorganisation ECCHR dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es werfe aber auch die Frage auf, ob Fehler nicht im Vorfeld hätten vermieden können.

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