Berlin, Bonn (epd). Das UN-Kinderhilfswerk Unicef hat die internationale Gemeinschaft zu mehr Engagement im Kampf gegen die humanitäre Tragödie im Jemen aufgerufen. Alle zehn Minuten sterbe dort ein Kind an den Folgen von vermeidbaren Krankheiten oder Mangelernährung, sagte der Regionaldirektor für den Mittleren Osten und Nordafrika, Geert Cappelaere, am Dienstag in Berlin. 80 Prozent der 15 Millionen Kinder überlebten nur, weil sie humanitäre Hilfe erhalten. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen herrscht im Jemen die größte humanitäre Krise weltweit. Seit 2015 wird das Land von einem blutigen Bürgerkrieg verwüstet.
400.000 Kinder "lebensbedrohlich mangelernährt"
Offiziell sei zwar noch keine Hungersnot erklärt worden, aber in der Realität hungerten oder verhungerten sogar täglich Kinder, betonte Cappelaere. "400.000 Kinder sind lebensbedrohlich mangelernährt und könnten jede Minute sterben." Die Nothilfeoperation im Jemen sei die bisher größte in der 72-jährigen Geschichte der Organisation. So würden 230.000 Kinder mit Spezialnahrung versorgt und damit vor dem sicheren Tod bewahrt worden. Dafür brauche es etwa einen Euro pro Tag pro Kind.
Der Vorsitzende von Unicef Deutschland, Georg Graf von Waldersee, rief die internationale Gemeinschaft auf, alles zu tun, um eine noch größere Tragödie im Jemen zu verhindern. "Hunger ist kein unabwendbares Schicksal", sagte er. Die Kinder zahlten den höchsten Preis für die Unfähigkeit der Erwachsenen, Frieden zu schaffen. Lange sei die Tragödie im Jemen von der Weltöffentlichkeit nicht wahrgenommen worden, auch weil Journalisten der Zugang in die Krisenregion verweigert worden sei. Die jetzt in Schweden unter UN-Vermittlung stattfindenden Friedensverhandlungen seien deshalb ein Zeichen der Hoffnung.
Ungehinderter Zugang für Hilfsorganisationen
Auch die Welthungerhilfe rief zu mehr Hilfe auf. Die Situation im Jemen erinnere an die Hungerkatastrophe vor 50 Jahren im damaligen Biafra, als in dem Gebiet des heutigen Nigerias Hunger systematisch als Kriegswaffe eingesetzt wurde. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sich so etwas im Jemen noch einmal wiederholt", betonte der Generalsekretär der Organisation, Mathias Mogge. Die Hilfsorganisationen brauchten ungehinderten Zugang zu den Menschen, die täglich ums Überleben kämpften.
Unicef forderte die Konfliktparteien auf, umgehend zu einer friedlichen Lösung zu kommen. Angriffe auf Schulen, Kliniken und zivile Einrichtungen müssten sofort eingestellt werden. Gleichzeitig appellierte das UN-Kinderhilfswerk an die internationale Gemeinschaft, die dringend benötigte Hilfe für Kinder und Familien stärker zu unterstützen.
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