Eine Million Wählerstimmen in Afghanistan für ungültig erklärt

Taliban töten Soldaten in Herat und nehmen Geiseln
Ein Streit über eine Million Stimmzettel lähmt die Auszählung: Sieben Wochen nach der Parlamentswahl in Afghanistan liegt noch kein Ergebnis vor. Indes dauert die Gewalt an.

Dubai, Kabul (epd). Neuer Streit um die Parlamentswahl droht Afghanistan in eine politische Krise zu stürzen: Eine Gruppe von Wahlkandidaten legte offiziell Protest gegen die Entscheidung der Wahlbeschwerdekommission ein, alle in der Hauptstadt Kabul abgegebenen Stimme zu annullieren, wie die afghanische Nachrichtenagentur Pahjwok am Freitag berichtete.

Zugleich überrannten in der Westprovinz Herat radikal-islamische Taliban einen afghanischen Militärposten, töteten mindestens 14 Soldaten und nahmen 21 weitere als Geiseln. Nach jüngsten Angaben der afghanischen Regierung sind seit 2015 mehr als 28.500 afghanische Soldaten ums Leben gekommen.

Am Donnerstag hatte die Wahlbeschwerdekommission mehr als eine Million Wählerstimmen, die bei der Parlamentswahl vom 20. und 21. Oktober im Bezirk Kabul abgegeben worden waren, wegen Wahlbetrug und Stimmenfälschung für ungültig erklärt. Hingegen kritisierte die unabhängige Wahlkommission diesen Schritt als überhastet, ungerecht und politisch motiviert.

Neun Millionen Afghanen stimmberechtigt

Auch die "Stiftung für transparente Wahlen", die größte Gruppe von Wahlbeobachtern in Afghanistan, wandte sich gegen die Entscheidung. Es sollte zunächst eine Nachzählung von umstrittenen Wählerstimmen angeordnet werden, um danach eine wirkliche Entscheidung zu den Stimmen von Kabul treffen zu können, erklärte die Stiftung.

Die Wahlbeschwerdekommission wiederum hatte erklärt, ihre Entscheidung sei auf Grundlage bestehender Gesetze getroffen worden und stehe im Einklang mit Berichten über weit verbreiteten Wahlbetrug und Delikten im Zusammenhang mit der Wahl. Insgesamt waren neun Millionen Afghanen stimmberechtigt.

Die Beschwerdekommission verhängte zudem Geldstrafen gegen fünf Mitglieder der Wahlkommission, weil diese ihre vorgeschriebenen Aufgaben nicht erfüllt hätten. In Kabul hatten sich über 800 Kandidaten für die 33 Sitze im Parlament beworben. Laut Wahlgesetz müssten nun innerhalb von einer Woche in Kabul erneut Wahlen abgehalten werden, was faktisch jedoch unmöglich ist.

Massiver Betrug

Bei Anschlägen und Gewalttaten während der Parlamentswahl waren mindestens 46 Menschen getötet und 240 verletzt worden. Um massivem Betrug vorbeugen, der die Wahlen 2014, 2010 und 2009 überschattet hatte, war erstmals eine biometrische Identifizierung der Wahlberechtigten vorgesehen. Doch das in letzter Minute eingeführte System funktionierte zum Großteil nicht und trug wenig zur Legitimierung der Abstimmung bei.

Die Wahlbeschwerdekommission hatte bereits am ersten Tag der Wahl über 5.300 Beschwerden erhalten. Die Resultate der Abstimmung sollten am 20. Dezember bekanntgegeben werden, doch nun ist unklar, ob dies angesichts des neuen Streits geschehen wird.

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