Rio de Janeiro (epd). In Brasilien droht ein Ärztemangel. Hunderte kubanische Mediziner fanden sich am Donnerstagabend (Ortszeit) am Flughafen der Hauptstadt Brasilia ein, um in ihre Heimat zurückzufliegen. Sie waren Teil des staatlichen Sozialprogramms "Mehr Ärzte" (Mais Médicos), mit dem 8.300 Mediziner des Karibikstaates in zumeist unterversorgte Regionen Brasiliens entsandt worden waren. Nach einem Streit zwischen Brasiliens neu gewähltem Präsidenten Jair Bolsonaro und der kubanischen Regierung hatten beide Seiten vergangene Woche die seit gut fünf Jahren bestehende Zusammenarbeit für beendet erklärt.
Schlangen vor Gesundheitsposten
In mehreren kleinen Städten kam es vor allem in Armenvierteln zu langen Schlangen vor Gesundheitsposten. Einige blieben mit Hinweis auf fehlende Ärzte geschlossen, wie die Zeitung "O Globo" in ihrer Online-Ausgabe berichtete. Einer Erhebung innerhalb des öffentlichen Gesundheitssystems zufolge herrscht in mindestens 285 Städten in 19 Bundesstaaten bereits ein Ärztemangel.
Kuba hat angekündigt, alle 8.300 in Brasilien tätigen Ärzte zurückzurufen. Grund seien "Drohungen und abfällige Bemerkungen" Bolsonaros gegenüber den kubanischen Ärzten. Der rechtsextreme Bolsonaro hatte die Qualifikation der kubanischen Mediziner mehrfach in Zweifel gezogen. Zudem forderte er, die Mediziner direkt zu bezahlen, statt das Geld über ein staatliches Kooperationsprogramm an Kuba zu überweisen.
Programm "Mehr Ärzte" seit 2013
Aufgrund medizinischer Unterversorgung in armen Regionen und Stadtvierteln hatte die Mitte-links-Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff im Jahr 2013 das Programm "Mehr Ärzte" ins Leben gerufen. Hintergrund war damals, dass zu wenig brasilianische Ärzte trotz ordentlicher Gehaltsangebote bereit waren, in den unterversorgten Gegenden zu praktizieren. Die zeitweise über 10.000 Ärzte aus Kuba verbesserten die Gesundheitsversorgung spürbar. In konservativen Kreisen wurde das Programm bereits damals als unwürdig kritisiert. Die Entsendung von medizinischem Personal in rund 50 Länder ist für das sozialistisch regierte Kuba eine wichtige Einnahmequelle.
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