Frankfurt a.M., London (epd). In einem am Montagabend veröffentlichten Brief an die Friedensnobelpreisträgerin zeigte sich Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo enttäuscht darüber, dass die 73-Jährige in der Rohingya-Krise weder ihre politische noch ihre moralische Autorität genutzt habe, um die Menschenrechte zu schützen. Naidoo kritisierte, dass Suu Kyi den Gräueltaten des Militärs gegen die muslimische Volksgruppe der Rohingya in ihrem Land mit "offensichtlicher Gleichgültigkeit" begegne.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Suu Kyi den Ehrentitel "Botschafterin des Gewissens" 2009 verliehen. Damals stand sie als Oppositionsführerin noch unter Hausarrest. Es ist die höchste Auszeichnung, welche die Organisation zu vergeben hat. "Heute sind wir zutiefst bestürzt, dass Sie nicht länger ein Symbol der Hoffnung, des Mutes und der unermüdlichen Verteidigung der Menschenrechte sind", schrieb Naidoo weiter. "Amnesty International kann Ihren weiteren Status als Botschafterin des Gewissens nicht rechtfertigen, und deshalb entziehen wir Ihnen hiermit mit großer Betrübnis diesen Titel."
Auszeichnungen entzogen
Zwar erklärte Amnesty auch, dass Suu Kyis zivile Regierung keine Kontrolle über die Armee habe. Allerdings habe sie die Feindseligkeiten gegen die Rohingya aktiv angefacht, indem sie die Angehörigen der muslimischen Volksgruppe als "Terroristen" bezeichnet und sie beschuldigt habe, ihre eigenen Häuser niedergebrannt zu haben. Außerdem habe die Regierung Massenvergewaltigungen als "Fake News" abgetan.
Die Rohingya werden im buddhistisch dominierten Myanmar seit langem verfolgt und unterdrückt. Nach der jüngsten brutalen Militäroffensive von Ende August 2017 sind über 700.000 muslimische Rohingya nach Bangladesch geflohen. UN-Ermittler und Menschenrechtler werfen Myanmars Armee Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.
In jüngerer Zeit waren Suu Kyi eine Reihe von Auszeichnungen entzogen worden. Ende September entschied beispielsweise das kanadische Parlament, ihr die Ehrenstaatsbürgerschaft abzuerkennen. Im März hatte das Holocaust-Museum in Washington der Friedensnobelpreisträgerin der Elie-Wiesel-Preis entzogen.
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