Bundestag plant finanzielle Hilfen für Opfer der Colonia Dignidad

Sie mussten Zwangsarbeit, Folter und Missbrauch erdulden - jetzt soll den Opfern der ehemaligen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile mit Geld aus Deutschland geholfen werden.

Berlin (epd). Der Bundestag will Opfern der von einem Deutschen gegründeten ehemaligen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile mit Geldzahlungen helfen. Der Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss in der Nacht zum Freitag, dafür im Etat 2019 eine Million Euro vorzusehen. Der Betrag sei mit einem Sperrvermerk versehen, bis ein Hilfskonzept erarbeitet sei, teilte der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Michael Brand (CDU), dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin "Spiegel" über das Bereitstellen der Summe berichtet.

"Das war ein harter Kampf. Ich bin froh, dass dieses so wichtige Ziel jetzt erreicht werden konnte", sagte Brand dem epd. "Die Opfer von Zwangsarbeit, Folter und Missbrauch brauchen konkrete Unterstützung." Nach Brands Angaben hatte das Auswärtige Amt bisher direkte Zahlungen abgelehnt. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Matthias Bartke (SPD), sagte: "Die schrecklichen Verbrechen in der Colonia Dignidad konnten nur geschehen, weil die deutsche Botschaft in Chile seinerzeit trotz vieler Hilferufe nicht eingeschritten ist." Daraus resultiere eine deutsche Verantwortung.

Folterlager unter der Pinochet-Diktatur

Eine Kommission aus Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen und Vertretern der Bundesregierung arbeitet seit Anfang Oktober an einem Hilfskonzept für die Opfer der Colonia Dignidad. Bis zum Sommer 2019 soll das Konzept vorliegen, wie Brand und Bartke betonten. Anfang Oktober hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der chilenische Präsident Sebastián Piñera dafür ausgesprochen, die Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dignidad fortzusetzen. Im Gespräch sind ein Dokumentationszentrum und eine Gedenkstätte. Die Bundesregierung schlug auch einen Hilfsfonds vor, etwa für psychosoziale Betreuung.

Die von dem Deutschen Paul Schäfer 1961 gegründete Colonia Dignidad diente unter der Pinochet-Diktatur (1973-1990) als Folterlager. Aber auch die rund 300 Bewohner erlitten Misshandlungen, mussten Zwangsarbeit leisten, wurden geschlagen und mit Medikamenten ruhiggestellt. Kinder wurden sexuell missbraucht. In Chile wurde die Führungsriege inzwischen zu Haftstrafen verurteilt. Heute heißt die Siedlung Villa Baviera und hat rund 100 Bewohner.

In Deutschland wurde noch kein Täter zur Rechenschaft gezogen. Der in Chile wegen Beihilfe zu Vergewaltigung verurteilte Sekten-Arzt Hartmut Hopp, der sich nach Deutschland abgesetzt hat, muss nicht ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Düsseldorf befand Ende September, dass das chilenische Urteil nicht ausreiche, um in Deutschland eine Strafbarkeit zu begründen.

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