Rio de Janeiro (epd). Der ultrarechte Ex-Militär Jair Bolsonaro ist zum neuen brasilianischen Präsidenten gewählt worden. Bolsonaro gewann die Stichwahl gegen den Kandidaten der Arbeiterpartei PT, Fernando Haddad, am Sonntag (Ortszeit) mit gut 55 Prozent der Stimmen. Der 63-Jährige ist wegen rassistischer Äußerungen und der Befürwortung von Folter politischer Gegner äußerst umstritten.
"Meine Regierung wird die Verfassung, die Demokratie und die Freiheit verteidigen. Dies schwöre ich vor Gott", sagte Bolsonaro nach Bekanntgabe seines Wahlsiegs. Er werde aus Brasilien eine "große, wohlhabende und freie Nation" machen. In der Erklärung, die der Wahlsieger vor Journalisten verlas, versprach er eine "Entbürokratisierung" des Staates und Respekt vor unterschiedlichen politischen und religiösen Haltungen.
Kurz zuvor hatte er in einer Facebook-Botschaft einen weniger versöhnlichen Ton angeschlagen. Er habe jetzt das Mandat, "unser Brasilien zu retten" und dafür zu sorgen, dass die Zeit des Sozialismus nicht wiederkehre, sagte Bolsonaro mit Blick auf die Arbeiterpartei, die von 2003 bis 2016 regierte. Auch wiederholte er Vorwürfe gegen Journalisten und Medien. Kritiker im linken aber auch im konservativen Spektrum hatten aufgrund der extremistischen Wortwahl Bolsonaros und seiner Unterstützer im Wahlkampf vor faschistischen Tendenzen und einer Gefahr für den Rechtsstaat gewarnt.
"Es steht viel auf dem Spiel"
Haddad gestand seine Niederlage ein, gratulierte dem Sieger aber nicht. Denn dieser habe gedroht, ihn ins Gefängnis zu werfen. Seinen Anhängern sprach er Mut zu: "Habt keine Angst, wir werden gemeinsam widerstehen." Die große Minderheit, die nicht für den Weg des Hasses gegen Andersdenkende, Frauen und Homosexuelle gestimmt habe, verdiene Respekt. "Es steht viel auf dem Spiel. Deswegen müssen wir die demokratischen Institutionen verteidigen und dürfen uns nicht provozieren lassen", erklärte der ehemalige Bürgermeister von São Paulo.
In vielen Städten feierten Menschen den Wahlsieg Bolsonaros. In Rio de Janeiro versammelte sich eine Menge in grüngelben Nationalfarben vor seinem Haus am Strand des Stadtteils Barra da Tijuca. In mehreren Stadtteilen waren Hupkonzerte und Feuerwerk zu hören. In mehreren Städten kam es laut lokalen Presseberichten zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Lager. Nach offiziellen Angaben verlief der Wahltag im ganzen Land weitgehend ruhig.
Auch die Gouverneure von 13 Bundesstaaten und des Hauptstadtdistrikts Brasilia wurden im zweiten Wahlgang neu bestimmt. In den drei bevölkerungsreichsten Staaten São Paulo, Minas Gerais und Rio de Janeiro gewannen jeweils konservative Kandidaten, die dem neuen Präsidenten politisch nahe stehen. Im kleinen Bundesstaat Rio Grande do Norte gewann Fátima Bezerra von der PT als einzige Frau einen von 27 Gouverneursposten. Abgesehen vom verarmten Nordosten, wo die PT oder ihre Bündnispartner alle Gouverneure stellen, rückt der Rest Brasiliens wie auch das Parlament und der Senat in Folge dieser Wahl deutlich nach rechts.
Gesellschaftlich tief gespalten
Schon den ersten Wahlgang Anfang Oktober hatte Bolsonaro mit 46 Prozent der Stimmen gewonnen. Haddad erreichte knapp 30 Prozent. Der amtierende konservative Präsident Michel Temer kandidierte nicht. Er war 2016 nach der Amtsenthebung von Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei ins höchste Staatsamt aufgerückt. Der Kandidat seiner Partei sowie andere Bewerber der traditionellen konservativen Parteien kamen nicht über fünf Prozent Stimmenanteil hinaus.
Brasilien ist gesellschaftlich tief gespalten. Seit drei Jahren steckt Lateinamerikas größte Volkswirtschaft in einer Wirtschaftskrise mit Rekordarbeitslosigkeit. Zugleich erschüttert ein Korruptionsskandal das Vertrauen der Menschen in die Politik.
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