Klimagipfel ringt um Einigung

epd-bild/Johannes Suessmann
Kohlekraftwerk Lippendorf bei Leipzig
Drei Fragen an Iara Pietricovsky vom brasilianischen NGO-Dachverband
An diesem Freitag geht offiziell der Klimagipfel in Kattowitz zu Ende - doch die Delegierten richten sich auf eine Verlängerung ein. Entscheidende Streitpunkte waren am Donnerstagnachmittag noch ungelöst.

Kattowitz (epd). Einen Tag vor dem offiziellen Abschluss des UN-Klimagipfels in Kattowitz hat sich die polnische Präsidentschaft am Donnerstag um eine Annährung der Positionen bemüht. Die Texte zu den unterschiedlichen Verhandlungssträngen sollten im Laufe des Tages in einen Entwurf für das Abschlussdokument überführt werden. Gleichzeitig richteten sich die Delegierten auf eine Verlängerung des Gipfels ein. Denn in mehreren Punkten zeichneten sich noch keine Durchbrüche ab. Klimakonferenzen gehen allerdings fast immer später als geplant zu Ende.

Bei dem UN-Gipfel geht es um die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015. Es soll die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen.

In Kattowitz sollen unter anderem Transparenzregeln und Berichtspflichten für die Klimaschutzanstrengungen der Staaten verabschiedet werden. Laut dem Klimaexperten der Hilfsorganisation Care, Sven Harmeling, stellt sich dabei die Frage, ob alle Länder von Anfang die gleichen Transparenzregeln zur Erfassung des CO2-Ausstoßes haben sollen oder ob man eine Übergangsphase für Entwicklungsländer erlaubt, die weniger technische und finanzielle Ressourcen haben.

"Koalition der Ehrgeizigen" mit Appell

"Vor allem die USA bestehen darauf, dass die Übergangsphase für die Entwicklungsländer möglichst kurz ist, gleichzeitig sind sie zurückhaltend, was die finanzielle Unterstützung dafür anbetrifft", erläuterte Harmeling. Wichtig für den Klimaschutz sei vor allem, dass für große Emittenten wie China die gleichen Standards gelten wie bereits jetzt für die Industrieländer, führte der Experte aus. Als generelle Bremser bei den Transparenzregeln gilt eine Gruppe ölexportierender Länder um Saudi-Arabien.

Die Verhandler haben in Kattowitz auch neue CO2-Minderungsziele in den Blick genommen, die laut Pariser Klimavertrag bis 2020 vorgelegt werden sollen. Eine "Koalition der Ehrgeizigen", darunter die EU mit Deutschland, verlangt ein klare politische Verpflichtung, dass die freiwilligen nationalen Ziele bis in zwei Jahren verschärft werden. Am Mittwochabend richteten sie einen viel beachteten Appell an die übrigen Staaten, ebenfalls ambitioniertere Vorgaben anzustreben.

Finanzielle Unterstützung armer Länder

Streit gibt es in Kattowitz auch um die Frage, wie die Beschlüsse des Gipfels Bezug nehmen auf den jüngsten Sonderbericht des Weltklimarates. Der Report mahnt dringend mehr Anstrengungen zur Minderung der Treibhausgase an, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Bereits in der ersten Woche der Konferenz hatten die USA, Saudi-Arabien, Kuwait und Russland sich dagegen gesträubt, dass der Bericht "begrüßt" wird, sondern darauf bestanden, dass er nur "zur Kenntnis genommen" wird.

Verhandelt wird zudem über die weitere finanzielle Unterstützung armer Länder im Kampf gegen den Klimawandel. Entwicklungsländer verlangen möglichst langfristige und verlässliche Zusagen der reichen Staaten. "In diesem Punkt ist man nah bei einer Vereinbarung, wonach die Industrieländer alle zwei Jahre Berichte über ihre künftigen Finanzzusagen machen sollen", erläuterte Harmeling. "Es geht nicht darum, dass in Kattowitz konkrete Zahlen auf den Tisch gelegt werden, sondern um eine rechtliche Verpflichtung, die Klimafinanzen weiter ansteigen zu lassen." Das Pariser Klimaabkommen hält fest, dass ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für arme Länder zur Verfügung stehen sollen.

Wachsende Bewegung

Während die Klimadiplomatie nur in kleinen Schritten vorankommt, wächst die Bewegung der Unternehmen und Institutionen, die ihre Investitionen aus Kohle, Öl und Gas abziehen. Die Klimaorganisation 350.org verzeichnet inzwischen 1.000 Firmen und Einrichtungen mit einem Gesamtvermögen von fast acht Billionen US-Dollar, die ihr Geld weitgehend nicht mehr in Unternehmen der fossilen Energieindustrie anlegen wolllen.

Als tausendste Institution habe die Caisse des dépôts et consignations (CDC), die für den französischen Staat Renten, Spareinlagen und weitere Investments verwaltet, sich der Bewegung angeschlossen, teilte 350.org mit. Die CDC gab demnach bekannt, sie werde ab 2019 nicht mehr in Unternehmen investieren, die mehr als zehn Prozent ihrer Umsätze mit Kohle erwirtschaften.

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Dass die Gespräche in Kattowitz kaum vorankommen, hat greifbare Gründe. Wer in Kohle fördernden Ländern hört, Kohle als Energieträger soll eliminiert werden, kann diese Forderung nur "zur Kenntnis nehmen". In China wird dieser Vorschlag weitere Jahrzehnte nicht mal diskutiert, in Australien ist der Kohleexport ein wichtiger Beitrag zum Volkseinkommen, in Polen ist Kohle der wichtigste Energieträger. Was will man den Polen vorschlagen, ohne sich lächerlich zu machen? Strom aus Solarzellen? Heizen mit Holz? Autofahren mit Biogas? Alle Transporte mit E-Lastern? Die Veranstaltung in Kattowitz zeigt einmal mehr den Mangel an Realitätssinn bei den politischen Eliten. Um die Lage vor Ort zu verbessern ist gerade in den ärmsten Ländern vorbildliches Handeln gefordert und nicht ergebnisloses Verhandeln. Auch beim evengelischen Pressedienst epd bemerkt man dieses Defizit, jeder konkrete Verbesserungsvorschlag würde mehr bringen als kaum wahrgenommene Artikel. Schon jetzt gibt es Beispiele zuhauf, im Senegal werden durch private Initiative längst Kühlschränke und Wasserpumpen mit Solarstrom betrieben und zum Handy aufladen fährt man nicht mehr in die nächste Stadt. Überall wo Pflanzen wachsen könnte man CO2-neutral nachwachsende Treibstoffe herstellen und mit den Nebenprodukten Nutztiere füttern. Kattowitz ist für die Katz.

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