Etwa zweitausend Delegierte aus Nord und Süd werden Ende November in Busan in Südkorea zum vierten Hochrangigen Forum über die Wirksamkeit von Entwicklungshilfe erwartet. Doch dass es spürbar zur Verbesserung dieser Hilfe beitragen wird, ist unwahrscheinlich. Dabei setzt die Konferenz einen durchaus sinnvollen Prozess fort. 2005 haben sich in Paris rund hundert Geber- und Entwicklungsländer auf Prinzipien einer wirksamen Armutsbekämpfung samt Teilzielen bis 2010 geeinigt: Arme Länder sollen die Hauptverantwortung für ihre Entwicklung übernehmen, solide Pläne dafür ausarbeiten und ihren Umgang mit öffentlichem Geld verbessern. Im Gegenzug sollen die Geberländer sich nach den Entwicklungsplänen der Partnerstaaten richten, ihre Hilfe möglichst über deren Behörden und Budgets leiten, sie längerfristig zusagen und sich untereinander mehr abstimmen.
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Doch es hapert bei der Umsetzung. Das zeigen die unabhängige Evaluierung der Paris-Erklärung vom Mai sowie der Fortschrittsbericht des OECD-Entwicklungshilfekomitees DAC (dem die traditionellen Geberländer angehören) vom September. Die Teilziele aus Paris – zum Beispiel, dass drei Viertel der Entwicklungsländer 2010 eine durchdachte Entwicklungsstrategie haben und die Geber 55 Prozent ihrer Hilfe über deren Behörden leiten – sind überwiegend verfehlt worden. Bei den meisten gab es immerhin langsame Fortschritte. Schneller waren sie im Süden, einige arme Länder haben etwa ihr Finanzwesen verbessert. Die Geber sind (bei großen Unterschieden untereinander) mit ihren einfacheren Aufgaben stärker im Rückstand. Die Zersplitterung der Hilfe ist mit ihrer Aufstockung sogar schlimmer geworden: Statt sich Aufgaben aufzuteilen, fördern sie oft einzelne Länder und dort einzelne Sektoren wie Gesundheit oder Bildung ohne Rücksicht darauf, was andere Geber tun.
Noch weniger halten sich die DAC-Geber an die Prinzipien des Engagements in schwachen Staaten, die sie sich 2007 gegeben haben. Obwohl sie sich einig sind, dass man gerade dort auf den politischen Kontext jeder Hilfe achten muss, analysieren sie den nicht systematisch. Sie stimmen sich allenfalls informell ab und engagieren sich nicht wie versprochen langfristig.
Man könnte nun erwarten, dass sich die Geber in Busan mit neuen Zielen gegenseitig in die Pflicht nehmen. Danach sieht es aber nicht aus. Der Entwurf der Gipfel-Erklärung setzt nur zwei Ziele mit Fristen. Für die Geber-Koordination sollen Standards ausgearbeitet werden, die Nutzung einheimischer Finanzsysteme wird gar nicht mehr erwähnt. Manche Geber möchten frühere Zusagen offenbar am liebsten vergessen. Dafür wird das Spektrum der Themen ausgeweitet auf Süd-Süd-Beziehungen, Klimafinanzierung und private Geldflüsse. Nichtstaatliche Organisationen fordern, Beteiligungsrechte für die Gesellschaft im Süden und Rahmenbedingungen der Entwicklung, etwa im Handel, zum Gegenstand der Prinzipien für wirksame Hilfe zu machen. Das ist in der Sache begründet, müsste aber zu noch mehr wirkungslosen Formelkompromissen führen. Warum sollten denn in Busan Industrieländer Handelsreformen oder Entwicklungsländer den Schutz der Bürgerrechte zusagen, wenn sie das in den zuständigen internationalen Gremien ständig verweigern?
Auch in der Entwicklungshilfe sind Reformen nicht rein technische, sondern politische Projekte, die Interessen und Machtverhältnisse betreffen. Im Süden kommen sie auch deshalb voran, weil Regierungen etwa in Uganda, Ruanda und Vietnam wirksamere Entwicklungspläne und Verwaltungen als Weg sehen, ihre Souveränität zu stärken. Die Geber hingegen haben, da der Süden sie kaum unter Druck setzen kann, wenig Anreize, ihre Verfahren zu ändern, wenn das innenpolitisch Ärger einbringt. Sie scheuen das Risiko, sich vor den Wählern rechtfertigen zu müssen, wenn eine Partnerregierung Hilfe verschwendet oder Vorhaben scheitern. Und viele wollen Entwicklungshilfe weiterhin ungestört als außenpolitisches Druckmittel einsetzen können.
So wird die in Paris vereinbarte Reform am ehesten in Entwicklungsländern umgesetzt, deren Regierungen den Gebern klare Vorgaben machen. Deshalb empfiehlt die Evaluation vom Mai weniger globale Konferenzen und mehr Absprachen in einzelnen Ländern, wobei eine neutrale Partei das Übergewicht der Geber ausgleichen soll. Das ist einleuchtend. Doch in Busan soll im Gegenteil ein neues internationales Gremium für die Reform der Entwicklungshilfe geschaffen werden. Reden statt handeln scheint die wahre Devise zu sein.
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