Menschenrechtsinstitut bangt um Unabhängigkeit

(21.01.2015) Bis März muss eine gesetzliche Grundlage für die Arbeit des Deutschen Instituts für Menschenrechte her. Doch eine konservative Gruppe um die CDU-Politikerin Erika Steinbach blockiert. Sie wollen weniger Untersuchungen in Deutschland.

Das als Verein organisierte Menschenrechtsinstitut (DIMR) kümmert sich seinem Auftrag gemäß um Menschenrechtsverletzungen, die in Deutschland stattfinden oder von Deutschland aus im Ausland entstehen. Es beobachtet, klärt auf und dokumentiert, bietet Bildungsmöglichkeiten an und berät Politik und Justiz. Es geht um deutsche Verantwortung – seien es Übergriffe der Polizei, der Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern oder das Verhalten deutscher Unternehmen in anderen Ländern.

Um von den Vereinten Nationen als „vollwertige Nationale Institution“ anerkannt zu werden, bedarf es einer Akkreditierung. Und die ist für März geplant. Wegen des Widerstands der Union hängt das Gesetz aber fest. Eine Arbeitsgruppe der Koalition konnte zuletzt keinen Kompromiss finden und übergab die Sache an die Fraktionsführungen. Dabei hatte Justizminister Maas seine Vorlage schon mit allen Ressorts abgestimmt. Aber offenbar fühlte sich die menschenrechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Erika Steinbach, übergangen. Schon in der vorherigen Koalition mit der FDP hatte Steinbach einen entsprechenden Vorstoß vereitelt.

Die Union begründet ihren Widerstand damit, sie wolle das Institut pluralistischer und transparenter aufstellen. Beteiligte erklären Steinbachs Haltung aber eher damit, dass ihr das Institut grundsätzlich missfalle, weil es heimische Zustände anprangert, an denen es aus ihrer Sicht nichts zu kritisieren gibt. Deshalb sei das Institut auch schon mal als Nestbeschmutzer verunglimpft worden, sagt der stellvertretende Direktor Michael Windfuhr. Steinbach sehe in Deutschland kaum Menschenrechtsverletzungen, schon gar nicht bei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten oder in Form von Rassismus.

Deutschland droht eine internationale Blamage

Konkret streitet die Koalition darüber, ob das Institut weiter als Verein aufgestellt bleiben soll. Der Union wäre es lieber, die Menschenrechtler wären als Anstalt des öffentlichen Rechts beim Auswärtigen Amt angesiedelt und würden sich Unrechtsstaaten wie Nordkorea sowie dem Erbe der beiden Diktaturen in Deutschland zuwenden. Zum anderen schwebt der Union vor, das Steuerungsgremium des Instituts erheblich zu erweitern, auch um zusätzliche Regierungsvertreter. Gedacht ist offenbar an eine Art Rundfunkrat der Menschenrechte, der die Agenda des Instituts verbindlich bestimmen soll.

Aus all diesen Gründen bangt Windfuhr um die Unabhängigkeit: „Derzeit haben Institut und Vorstand freie Wahl, welche Themen das Institut aufgreift und wie es arbeitet.“ Die Qualität und Rechenschaftslegung allerdings würden regelmäßig vom Kuratorium überwacht. Die Autonomie des Instituts sei ein Kernanliegen der sogenannten Pariser Prinzipien von 1993, in denen die Vereinten Nationen die Kriterien formuliert haben, denen nationale Menschenrechtsinstitute genügen müssen, um bei den UN akkreditiert zu werden. Nach diesen Prinzipien soll sich das DIMR als nationale Menschenrechtsinstitution um die Durchsetzung der Menschenrechte in und durch Deutschland kümmern. So will es auch die SPD.

Windfuhr fürchtet zudem einen Verlust an internationaler Anerkennung: Die Union blockiert die UN-Akkreditierung ausgerechnet in dem Jahr, in dem Deutschland beim UN-Menschenrechtsrat in Genf den Vorsitz führt. Dort droht das DIMR sein Rederecht zu verlieren, schlägt die Akkreditierung bis März fehl. Bislang war das Menschenrechtsinstitut nur vorläufig als vollwertiges unabhängiges Gremium anerkannt, das Länder wie die Niederlande, Belgien und Schweden gerade erst schaffen. Die Pariser Standards sehen vor, die Institute vor der Regierung gesetzlich zu schützen, damit diese nicht über die Existenz, Zusammensetzung und Zuständigkeit entscheiden. Das zivilgesellschaftliche Forum Menschenrechte appellierte in einem Brief an die Bundeskanzlerin, alles zu tun, um den Angriff auf die Arbeit des Instituts abzuwehren.

 

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